Tanz in den Mai

Die freie Tanzszene Berlin flaggt fürs Theater am Halleschen Ufer. Damit ihr Haus bleibt, legt sie sich mit dem spontanen Programm „Not Maria Callas“ ins Zeug

Ungewiss ist die Zukunft des Theaters am Halleschen Ufer (THU) schon länger. Fest steht nur die Streichung der Stelle des künstlerischen Leiters. Zurzeit ist Nele Hertling, bis 2002 Intendantin des Hebbel-Theaters und langjährig engagiert in der Vernetzung zwischen Tanz in Berlin und einer internationalen Szene, damit beauftragt, für das THU und das gegenüber liegende Theater am Ufer ein Konzept zu entwickeln. Weil aber bisher alle Konzeptionen nicht ohne finanziellen Mehrbedarf auskamen und deshalb vom Senat abgelehnt wurden, fürchtet die Tanzszene, das Haus in verwaltungsrechtlichen Fusionen zu verlieren.

„Das Theater am Halleschen Ufer ist die wichtigste Bühne für die Tanzszene“, sagt Barbara Friedrichs, die im Vorstand des neu gegründeten Dachverbandes Zeitgenössischer Tanz Berlin e. V. sitzt. Sie weiß, wovon sie redet, denn sie selbst hat die Tanztage Pfefferberg ins Leben gerufen, gut besuchte Reihen für junge Choreografen. Der eigene Erfolg lässt sie die Basisarbeit des THU erkennen, das zuletzt mit dem unverbrauchten Glamour aus Mitte nicht mehr so gut konkurrieren konnte. In seiner Größe und Ausstattung bleibt es trotzdem unverzichtbar. Eine Standortpolitik, die neben dem Publikumsmagneten Mitte die Infrastrukturen in Kreuzberg austrocknen lässt, zerhackt lebensnotwendige Bahnen.

„Das war mein Sprungbrett. Hier konnte ich Projekte entwickeln, als ich kein anderes Kapital hatte als das Vertrauen des Hauses“, sagt Thomas Lehmen, der am THU 1997 begann und für seine witzigen und kunstkritischen Performances inzwischen viele Stützpunkte in Europa gewonnen hat. So wie ihm ging es auch Anna Huber oder Xavier Le Roy. Lehmen ist deshalb dabei, wenn heute 35 Choreografen, Musiker, Tänzer und Videokünstler zum Abend „Not Maria Callas“ einladen. Im ganzen Haus und auf der Wiese davor sind Improvisationen und Aufführungen geplant. Mit dem Tanzfest will die Szene sich laut in die Diskussion um das Haus einmischen.

Für das THU und im Verband, der inzwischen 70 Mitglieder hat, engagieren sich auch viele neu nach Berlin gekommene Künstler wie Renate Graziadei, die mit ihrer Gruppe labor G. Ras aus Hamburg stammt. Sie bringen da neue Energien mit, wo die alten Hasen unter den Tanzfunktionären an Puste verlieren. Der Dachverband hat sich die Forderung nach einem Probenhaus, das kontinuierlich zur Verfügung steht, und einer Professionalisierung der Ausbildung ins Programm geschrieben. In allen Parteien und Ausschüssen sucht er jetzt das Gespräch mit den Politikern und hofft, dort eine neue Generation für sich zu gewinnen, die bei diesen Stichworten nicht routinemäßig vorbeihört. KATRIN BETTINA MÜLLER

„Not Maria Callas“ und Tanz in den Mai, 21 Uhr, Theater am Halleschen Ufer