SPD tänzelt ums Kindergeld herum

Wegen möglicher geringerer Steuereinnahmen wird eine Erhöhung des Kindergeldes um 30 Mark unwahrscheinlicher. SPD-Generalsekretär Müntefering legt sich nicht fest. Kappung von Kinderfreibeträgen für Besserverdiener geplant

BERLIN taz ■ Bekommen Familien mit Kindern vom kommenden Jahr an nun 30 Mark mehr im Monat für jedes Kind oder wird die Erhöhung des Kindergeldes vielleicht doch geringer ausfallen?

Zu diese Frage sprach SPD-Generalsekretär Franz Müntefering erneut sibyllinische Worte. Man plane eine Erhöhung, die „nicht minimal ist“, sagte Müntefering nach einer Sitzung des Parteipräsidiums am Montag. Sollte die Steuerschätzung Mitte Mai Einnahmeprobleme für das Jahr 2002 aufzeigen, müsse man aber „an anderen Stellen“ als beim Kindergeld sparen.

Eine Vorentscheidung zur Erhöhung des Kindergeldes wird morgen bei einer Klausur der SPD-Finanzpolitiker im brandenburgischen Wulkow erwartet. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß hatte schon von einer Kindergelderhöhung „nicht unter 30 Mark“ gesprochen. Den genauen Betrag könne man aber erst nach der Steuerschätzung Mitte Mai festlegen, hatte Poß betont. Nach der Steuerschätzung will das Kabinett am 30. Mai über einen familienpolitischen Entwurf entscheiden, indem die neue Höhe des Kindesgeldes festgehalten ist. Die Grünen bestehen auf einer Erhöhung um 30 Mark. Damit würden dann Eltern für das erste und zweite Kind jeweils statt bisher 270 Mark künftig 300 Mark Kindergeld im Monat erhalten.

Müntefering und Poß lehnten den Vorstoß des DGB ab, reichen Familien kein Kindergeld zu gewähren. Eine solche Streichung sei nicht möglich, weil die Verfassung keine Ungleichbehandlung von Familien mit Kindern erlaube. Bisher profitieren reiche Familien allerdings ohnehin mehr von den steuerlichen Freibeträgen als vom Kindergeld. In der Praxis sieht das so aus: Alle Eltern erhalten monatlich Kindergeld, am Ende des Steuerjahres entscheidet aber das Finanzamt, ob nicht doch die Gewährung der steuerlichen Kinderfreibeträge günstiger für die Familie ist. Diese Praxis führt dazu, dass bei wohlhabenden Familien am Ende die steuerlichen Freibeträge angewandt werden. Die Entlastung über die Freibeträge kann dabei für Höchstverdienern sogar höher sein als das Kindergeld, dass geringer verdienenden Eltern gewährt wird.

Für diese wohlhabenden Familien kündigte Poß jetzt an, dass man die Freibeträge künftig „nur so gering wie nötig anheben“ , das Kindergeld aber „so hoch wie finanziell möglich“ gestalten wolle.

Als nächstes Ziel wird angestrebt, die Steuerfreibetrags-Vorteile reicher Familien mit Kindern zu kappen. Nach den bisher geplanten Freibeträgen für Kinder und Kinderbetreuung würden hoch verdienende Ehepaare mit einem gemeinsamen Jahresgehalt von 208.000 Mark vom Jahre 2002 an pro Monat und Kind um 433 Mark entlastet. Sie bekommen damit unterm Strich 133 Mark mehr als Durchschnittsverdiener. Werden diese Steuerfreibetrags-Vorteile jedoch gekappt, dann kommen auch diese Hochverdiener nur auf eine Entlastung von 300 Mark für das erste und zweite Kind. BD

kommentar SEITE 1