„Herr Schröder ist schwerhörig“

aus Stockholm REINHARD WOLFF

Mit breiter Ablehnung quer durch alle Parteien und Länder hat Skandinavien auf die Reformvorschläge Gerhard Schröders reagiert. Haupttenor: Dieses Modell behebe nicht das Demokratiedefizit der EU, sondern verstärke es. Angesichts des Maifeiertags gibt es noch keine offizielle Stellungnahme der schwedischen Regierung. Dafür reagierte man in Dänemark umso schneller. „Schröder scheint ziemlich schwerhörig, um nicht zu sagen taub zu sein“, kommentierte die EU-Sprecherin der Konservativen. „Schon beim EU-Gipfel in Nizza wurde doch betont, dass das Demokratiedefizit am besten dadurch zu lösen ist, wenn die nationalen Parlamente besser in den EU-Beschlussprozess eingebunden werden.“

Vor allem in Dänemark und Schweden, aber auch in Finnland befürchten die EU-freundlichen Parteien, dass jeder Schritt zu einem föderativ geprägtem europäischen Bundesstaat die sowieso starke EU-Skepsis in der Bevölkerung verstärken werde. Zudem würden in einem Bundesstaat die kleinen Länder völlig an Einfluss verlieren. In den Medien wird ganz offen Unbehagen über Deutschland als künftige EU-Supermacht laut.

Besonders aufmerksam dürfte Schröder die harschen Reaktionen der dänischen Sozialdemokraten verfolgen, die den Vorstoß des Parteifreundes als eine Art „letztes Gefecht“ der Fürsprecher eines EU-Bundesstaats bewerten. Angesichts der EU-Erweiterung, die die Zahl der Mitgliedstaaten auf 27 steigen lasse, müsse der föderale Gedanken begraben werden. Parteisprecher Jensen kündigte einen Gegenvorschlag der nordischen Sozialdemokratie zu EU-Reform an: „Wir werden demnächst mit einem dänisch-schwedischen Konzept herauskommen. Und das wird dezentralisiert und damit dem von Herrn Schröder genau entgegengesetzt sein.“ Ein Bestandteil dieses Konzepts könnte laut Jensen eine bedeutende Stärkung der „Cosac“, der jetzt nur halbjährlich tagenden „Konferenz der Europa-Ausschüsse der nationalen Parlamente“, sein.