Steinhagel für Demoverbot

9.000 Polizisten und das Verbot der „Revolutionären 1.-Mai-Demonstration“ verhindern die übliche Randale in Berlin nicht – im Gegenteil. Verfassungsgericht erlaubt bundesweit NPD-Demos

BERLIN taz ■ Nach einem zunächst weitgehend ruhigen Nachmittag ist es am Abend in Berlin dann doch zu den schon traditionellen Krawallen im Anschluss an die Demonstrationen zum 1. Mai gekommen. Bei dem Versuch der Polizei, einen Platz in Kreuzberg zu räumen, eskalierte die Lage. Das Volksfest geriet zur Straßenschlacht: Fensterscheiben gingen zu Bruch, Autos wurden umgestürzt. Schon in der Nacht zu Dienstag hatte es im Stadtteil Friedrichshain Randale gegeben. Die großenteils alkoholbedingte Aufregung war dann aber abgeflaut.

Zugleich sind in mehreren deutschen Großstädten zum gestrigen Tag der Arbeit insgesamt etwa 3.000 Neonazis aufmarschiert – während mehrere tausend Gegendemonstranten protestierten. Besonders empört waren linke Gruppen in der Hauptstadt darüber, dass eine für den Abend geplante „Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration“ von Innensenator Eckart Werthebach (CDU) verboten worden war. Dies galt auch für eine geplante NPD-Demonstration, die aber im Gegensatz zur linken Demo von den Gerichten unter Auflagen zugelassen wurde.

So konnten etwa 900 Neonazis im Randbezirk Hohenschönhausen demonstrieren. Rund 350 Gegendemonstranten protestierten dagegen. In ganz Berlin sollten 9.000 Polizisten für Ruhe sorgen – so viel wie noch nie. Das gelang nur am Anfang.

Friedlich dagegen verlief eine DGB-Demonstration in der Hauptstadt. Dahin strömte bei strahlendem Wetter strömten etwa 10.000 Menschen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wurde bei der DGB-Hauptkundgebung in Rostock wegen seiner „Drückeberger“-Aussagen von Arbeitslosen heftig kritisiert.

Per Eilentscheidung erlaubte das Bundesverfassungsgericht gestern zudem NPD-Aufzüge in Essen und Augsburg. Diese Beschlüsse stießen auch in Justizkreisen auf Unverständnis. Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Michel Friedman, sprach von einem Offenbarungseid der Justiz. Auch in Mannheim und Dresden versammelten sich jeweils mehrere hundert Rechte – linke Demonstranten protestierten in ähnlicher Anzahl gegen sie. Am erfolgreichsten waren die Linken in Frankfurt am Main: Dort gelang es den rund 6.000 Gegendemonstranten, 800 Neonazis durch Barrieren auf den Schienen an der Anfahrt mit der U-Bahn zu einer Demonstration in der Innenstadt zu hindern. Sowohl in Mannheim wie in Frankfurt kam es jedoch auch zu teilweise schweren Auseinandersetzungen zwischen Rechten, Linken und der Polizei.

GES

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