„Wir spielen für Hamburg“

Gestern stellte er zusammen mit Ingo Metzmacher das Programm der Staatsoper in der kommenden Spielzeit vor. Es wird die erste sein, der der neue Intendant Louwrens Langevoort, der vor einem Jahr sein Amt antrat, seinen Stempel aufdrücken konnte. Die taz sprach mit ihm.

taz: Herr Langevoort, Ihre Spielzeit in Hamburg geht langsam zu Ende. Welche Inszenierung hat Ihnen am besten gefallen?

Louwrens Langevoort: Als Intendant hat man zu allen Inszenierungen einen emotionalen Bezug. Wenn eine weniger gut ankommt, lerne ich selbst natürlich auch. Bei Inszenierungen mit Peter Konwitschny, der unter den Musikern und beim Dirigenten schon bekannt ist, ist die Zusammenarbeit natürlich auch einfacher als zum Beispiel bei Un Ballo in Maschera, wo völlig Unbekannte ans Haus kamen. Dazu kommt die Erwartungshaltung, die eine Verdi-Oper beim Publikum erzeugt. Viele denken vielleicht: Das haben wir 1976 von Pavarotti gehört. Wenn dann nicht Pavarotti singt, sind die sowieso schon ein bisschen in Trauerstimmung.

Sitzen Sie häufig im Parkett?

Ich bin sehr oft in der dritten, vierten, fünften Vorstellung. Und zwar nicht nur bei Neuinszenierungen, sondern ich versuche, auch das Repertoire gut im Auge zu behalten. Ich finde es sehr notwendig, dass ich weiß, was die Sänger unseres Ensembles leisten. Ich möchte nicht immer abhängig sein von der Meinung anderer. Ich bin ja auch verantwortlich für die Qualität.

Stichwort Pavarotti: Könnten Sie sich solche Stars leisten?

Leisten schon. Aber ich kann nur hoffen, einen Termin mit ihnen aushandeln zu können. Die sind über Jahre ausgebucht. Während die vor 30 Jahren noch an die Opernhäuser kamen, machen sie heute Konzerte überall in der Provinz – mit schrecklichen Programmen. Die Karriere von Cecilia Bartoli beispielsweise findet eher in Musikhallen statt, dennoch wird sie Opernsängerin genannt.

Aber Frau Bartoli wollen sie doch nach Hamburg bringen, um mit ihr Vivaldi zu inszenieren.

Natürlich möchte ich das. Wir wollten zusammen mit René Jacobs eine Barockoper machen. Aber wenn wir eine Neuproduktion machen, dann kommen die Aufführungen und vorweg die Probezeiten. Das sind zwei Monate. Ein Anschlag auf den Terminkalender von Frau Bartoli.

Sie gelten ohnehin als Freund der Barockoper. Bislang stand aber nur die Umsetzung der Bach-Kantaten auf dem Programm.

Ich bin ein Anhänger von allen Arten von Oper. Man muss alles bringen, in einer bestimmten Verpackung, die den Hamburger Stil prägt. Das Repertoire ist sowieso schon viel kleiner geworden in den letzten 40 Jahren. Und wenn man immer weniger Stücke spielt, ist es meist der Einheitsbrei von Mozart über Puccini zu Verdi und Wagner. Dabei haben wir 400 Jahre Operngeschichte. Auch Hamburg hat eine Geschichte beizutragen mit der Gänsemarkt-Oper. Reinhard Keiser kommt bestimmt bald zurück.

Wie sind denn die konkreten Pläne für die kommende Spielzeit?

Die Kantaten werden wir wieder aufführen, dieses Mal aber im Michel. Wir geben damit auch ein Gastspiel in Paris. Außerdem haben wir Alcina von Händel geplant. Und 2002 inszenieren wir dann mit Jacobs Monteverdi.

Werden Sie auf Originalinstrumenten spielen lassen?

Nein. Es wird sehr gut für das Orchester sein, in diese Richtung zu trainieren. Der zweite Schritt wird dann die L'incoronazione di Poppea sein, wo wir den Streichern die Möglichkeit geben wollen, auf alten Instrumenten zu spielen.

Warum nur die Streicher?

Weil es für die auch taugliche Nachbauten gibt. Man muss ja nicht unbedingt auf der Stradivari oder Amati spielen. Bei den Bläsern geht das nicht. Die klingen einfach ganz anders.

Wie sieht ihre Spielplangestaltung in den nächsten Jahren aus?

Wir wollen natürlich Uraufführungen machen, aber gleichzeitig auch unser Repertoire pflegen. Wir müssen uns auf das konzentrieren, was noch nicht da ist, aber in das Repertoire einer großen Opernbühne gehört.

Wollen Sie auch raus aus ihrem Haus, um in der Stadt präsenter werden?

Das ist absolut notwendig. Wir sind eine Oper, die für Hamburg spielt, und nicht für das Feuilleton der deutschen Presse. Wir müssen auch nicht Konkurrenz sein für München, Berlin oder Stuttgart.

Wie soll das funktionieren?

Neben den Auftritten in St. Michaelis machen wir zusammen mit dem Schauspielhaus eine Studioproduktion auf deren Bühne, Bählamms Fest. Es ist ein Stück von Olga Neuwirth, einer jungen Österreicherin, die ein Libretto von Elfriede Jelinek benutzt hat.

Sie planen auch eine Kinderoper auf Kampnagel.

Ja, wir wollen Pollicino von Hans Werner Henze dort aufführen. Da haben wir uns bemüht, ein junges Team um den Dirigenten Cornelius Meisner zu bilden. Die Ausstattung machen Doris Kirchhoff und Heinz Gellrich. Aber sie initiieren mehr und arbeiten das aus mit Kindern von Hamburger Schulen, die daran beteiligt sind. Die werden auch das Orchester bilden und die Kinderrollen spielen.

Werden Sie in Zukunft verstärkt auf den musikalischen Nachwuchs setzen?

Wir haben mit Ingo Metzmacher einen Generalmusikdirektor, der viel im eigenen Haus spielt. Er ist etwa sechs Monate im Jahr hier. Wir bemühen uns, erfahrene Dirigenten an unser Haus zu holen, aber natürlich wollen wir auch das Risioko eingehen, junge Dirigenten zu fördern. Das gleiche gilt für Regisseure. Da ist es sogar noch gefährlicher. Wenn da etwas schief geht, hat man eine ganze Produktion in den Sand gesetzt. Ein Dirigent ist nach einem Abend weg.

Interview: Eberhard Spohd