Zwischenlösung für vier Jahrzehnte

■ In Brokdorf werden seit gestern Einwände gegen Atommüll-Zwischenlager auf dem Kraftwerksgelände erörtert

Der Atomkonsens zeigt Wirkung, indem er Brokdorf ein Atomklo beschert. Bis zu 40 Jahre lang sollen auf dem Gelände des dortigen Reaktors verbrauchte Brennelemente gelagert werden – in der Hoffnung, dass die Bundesregierung bis dahin ein Endlager für den Strahlenmüll gefunden hat. Ges-tern hat in der Brokdorfer Sporthalle die Erörterung der Einwände gegen das „dezentrale Standort-Zwischenlager“ unter strengen Sicherheitsvorkehrungen begonnen. Knapp 1700 BürgerInnen hatten in den vergangenen Wochen Einwände gegen das Zwischenlager vorgebracht. Zum ersten Erörterungstermin für ein Zwischenlager in Deutschland kamen jedoch nur knapp 50 GegnerInnen des Depots.

Der Brokdorfer Termin ist einer von insgesamt 18 Veranstaltungen an verschiedenen AKW-Standorten, bei denen es um die Genehmigung von Standortlagern und Interimslagern für abgebrannte Kernbrennstäbe geht. Die Interimslager sollen die Zeit bis 2005 überbrü-cken. Dann sollen die Standort-Zwischenlager fertig sein.

Für Brokdorf beantragte der Energiekonzern E.on ein Standortlager auf dem Kraftwerksgelände. In einer 93x27x23 Meter großen Betonhalle soll es Platz für 100 Atommüll-Behälter bieten. In der kommenden Woche wird die Errichtung eines Zwischenlagers am AKW Brunsbüttel erörtert, Krümmel folgt bis Ende Juni.

Nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) gruppieren sich die Einwände um vier Schwerpunkte: Die EinwenderInnen kritisieren eine mangelnde Schadensvorsorge, den formalen Ablauf des Genehmigungsverfahrens, die Zuverlässigkeit der GutachterInnen und der Kraftwerksbetreiber. Außerdem bezweifeln sie, dass die Zwischenlager nötig sind. Die Mehrheit argumentiere, die Zwischenlagerung sei nicht sicher, sagte BfS-Verhandlungsleiter Bruno Thomauske. Sie befürchteten zum Beispiel, dass die Atommüll-Behälter durch Unfälle oder Korrosion undicht werden könnten. Ein besonderes Gefahrenmoment bei den AKWs an der Elbe stellen mögliche Sturmfluten dar.

Energiestaatssekretär Wilfried Voigt (Grüne) erklärte, die rot-grüne Landesregierung dränge auf Klärung des tatsächlichen Bedarfes: „Nach unserer Einschätzung ist ein Zwischenlager ausreichend in Schleswig-Holstein.“ Auch müsse die Sicherheit der Transport- und Lagerbehälter bei Erdbeben, Explosion oder Flugzeugabsturz vom Antragsteller besser belegt werden. Voigt forderte außerdem „eine sicherheitstechnische Optimierung“. Zwei bis drei Jahrzehnte werden die Zwischenlager bestehen bleiben. Es sei „nicht auszuschließen, dass in dieser Zeit einzelne Behälter undicht werden“.

Gernot Knödler