Konkurrenz-Prinzip contra Staatsmonopol
: Allgemeingut als Kapitalanlage?

betr.: „Ende der Monopole“, taz vom 28. 4. 01

Schade, dass sich Annette Jensen noch nicht einmal die Mühe macht, erwartete positive Auswirkungen ihres Szenarios einer „gezähmten Privatisierung“ darzustellen – abgesehen von der Hoffnung, Wasser könne endlich billiger werden, wo uns doch bei den momentanen Preisen jeder Tropfen Leid tut. Stattdessen vergleicht sie Äpfel mit Birnen bzw. Streichhölzer mit der Bahn.

Warum sollten die Dinge in Deutschland denn grundsätzlich anders laufen als in England? Weil unsere Politik so viel weniger opportunistisch, ideenlos und korrupt ist? Und selbst wenn das so wäre: Aus Allgemeingut wie der Trinkwasserversorgung oder dem ÖPNV sollte einfach kein einzelner Konzern auf Teufel komm raus Kapital schlagen dürfen. Die Wirtschaft agiert nun mal nicht ökologisch. Schon gar nicht moralisch. Und verflixt noch mal, vergesst doch endlich die Mär vom deutschen Steuerzahler, der ernsthaft die ökologische Landwirtschaft unterstützt. Das glaubt doch kein Mensch mehr.

MARTIN MEYER-STOLL, Dublin, Irland

Es ist allerhöchste Zeit, die Staatsmonopole auf den Prüfstand zu stellen. Wer nicht das Glück hat, von einem versorgt zu werden, kann das monatlich an seinen Abzügen sehen. Es ist erwiesen, dass Monopole in der öffentlichen Hand unwirtschaftlich und ineffektiv sind. Wo es keine Alternative gibt, ist das tolerierbar. Aber dort, wo andere versuchen, mit Kreativität und Enthusiasmus Besseres zu tun, sind diese Monopole zu Lasten aller destruktiv.

Die Deutsche Bahn liefert hierzu gerade wieder ein Lehrstück. Da die rot-grüne Autofahrerbundesregierung außer leeren Worten nicht viel zu bieten hat, zerschlägt ihre Bahn AG gerade das Zukunftspotenzial. Denn noch gilt das Motto „Wo wir nicht fahren, fährt kein anderer“, und das wird mit allen Mitteln, auch jenseits der Gesetze, konsequent verfolgt. Immerhin werden wir nach dem erfolgreichen Brechen der Monopole in der Energie- und Kommunikationswirtschaft bei der Bahn nun endlich auch ein total verkorkstes Beispiel zu untersuchen haben. Die bislang bekannten schlechten Beispiele zeichnen sich übrigens durch einen recht einfachen Umstand aus: Die Rahmenbedingungen der Privatisierung wurden von jenen Leuten definiert, die zuvor das Monopol ad absurdum geführt haben. Wenn ich nicht in der Lage bin zu sagen, was ich will, brauche ich nichts zu erwarten. Werden gleiche Qualitätsmaßstäbe an die Leistung (nicht deren Menge!) angelegt, wird auch so manches Monopol seinen wirtschaftlichen Sinn erweisen. KARL-HARTMUT BLESIK, Berggießhübel

Wie kommt Frau Jensen nur darauf, dass zwischen den Unsummen, die die Berliner Regierungsmafia in den ÖPNV streut, und deren Fahrgastrückgang ein Zusammenhang besteht? Die BVG ist nämlich längst privatisiert und daher offenbar bestrebt, den erzielten Preis pro Fahrgast möglichst hoch zu halten, auch dann, wenn das auf Kosten der Fahrgastzahlen geht. Dass es im allgemeinen Interesse liegen könnte, den Autoverkehr aus der Innenstadt zu halten und vielleicht sogar kostenlosen öffentlichen Nahverkehr anzubieten, kann ein privatisiertes Unternehmen jedoch nicht interessieren. Die angeführten sonstigen Beispiele sind gleichfalls erstaunlich. Die Privatisierung der Berliner Wasserversorger geschah zum Beispiel nicht mit der Absicht, die Wasserpreise senken zu können. Im Gegenteil sollten die Investoren Renditegarantien und die Erlaubnis, nach einer Schonfrist die Preise erhöhen zu können, erhalten. Für den Fall, dass sich die Renditegarantien nicht erfüllen ließen, sollte die öffentliche Hand einspringen ... Privatisierung ist offenbar nur dann sinnvoll, wenn dadurch Monopole auch wirksam aufgelöst werden und der entstehende Wettbewerb zu Fortschritten führt.

Außerdem ist Privatisierung in Non-Profit-Sektoren sinnlos. Frau Jensen führt an, die entstehenden Probleme könnten durch politische Vorgaben gelöst werden. Das ist aber offenbar nicht der Fall, da die Gestaltungsmacht der Politik (und das gilt inzwischen auch für die Grünen) zu gering ist, um die Interessen der Allgemeinheit gegenüber finanzkräftigen Unternehmen wirkungsvoll zu vertreten. Drastische Beispiele für Privatisierungsdesaster gab es in den letzten Jahren zuhauf, darunter die Elektrizitätswerke in Neuseeland und die Bahn in Großbritannien. Auch die Deutsche Bahn ist seit der Privatisierung teurer und verbindungsärmer geworden. JOSCHA BACH, Berlin

Flott geschrieben diese Meinung, sie schwimmt munter im Mainstream und es fehlt ihr auch keines der „Argumente“ aus dem Mainstream. Nur ist es leider blauäugig, zu meinen, politische Vorgaben in einem liberalisierten Markt blieben unwidersprochen: Diese Vorgaben würden doch sofort als unzulässige Einmischung der Politik, wahrscheinlich sogar als Einmischung der ehemaligen Monopolisten diffamiert.

Zum „innovationsfeindlichen Behördenklima“: diese einmal mehr gekonnt geschmähten Behörden haben durch das eigentliche Ärgernis – die Auflösung vieler lokaler Wasserversorgungsunternehmen und ihre Zusammenfassung zu wenigen großräumigen – erst die Voraussetzung für das Interesse von Privatfirmen an der Übernahme dieser Unternehmen geschaffen. Kein Privater hätte Interesse an der Übernahme der Wasserversorgung von Hengersberg oder Metten oder auch der von Deggendorf. Aber der Wasserversorgungsverband „Donau-Wald“ mit hunderttausenden von Verbrauchern – das ist für eine Übernahme ganz etwas anderes.

Beispiele zu intelligenten Konstruktionen aus Schweden und Dänemark sähe man/frau erstens gerne etwas genauer ausgeführt und zweitens auch für den Bereich der Wasserversorgung dargestellt.

Auch Meinung kommt nicht ohne ein Minimum an Fakten aus, sonst gerät sie leicht in die Nähe der Parteitagsrede.

FRANZ SCHUHWERK, Regensburg

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