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: Kauf dir deinen Zeugen

Häftling Nr. 113 993 (Do., 21.45 Uhr, ARD)

Dieter Riechmann sitzt in der Todeszelle des US-Bundesstaates Florida. Ein perfides System staatsanwaltschaftlicher Manipulationen hat ihn dorthin gebracht. Die Doku „Häftling Nr. 113 993“ belegt detailliert mit präzisen Fakten, wie fatal ein Urlaubstrip an die sonnigen Strände Floridas enden kann. Damals gekaufte und genötigte Zeugen reden vor laufender Kamera Tacheles, Experten der Rechtsmedizin weisen nach, mit welcher Dreistigkeit abstruse und unhaltbare Gutachten im Prozess eingesetzt wurden. Der Film dokumentiert menschenverachtende und fragwürdige Methoden des amerikanischen Justizapparats. Der Mann, der vor 13 Jahren des Mordes an seiner Lebensgefährtin für schuldig befunden und zum Tod auf dem elektrischen Stuhl verurteilt wurde – ein Justizirrtum?

Peter F. Müller hat den Fall des Deutschen, der im Zentrum der amerikanischen Gefängnisindustrie, Starke, in der Zelle sitzt, mit akribischer Gründlichkeit untersucht. Riechmann sagt, in jener verhängnisvollen Nacht habe er sich in Miami verfahren. Seine Lebensgefährtin und er seien Opfer eines bewaffneten Überfalls geworden. Die staatsanwaltliche Variante: Riechmann habe seine Frau selbst erschossen.

Im Anschluss geht es zur Sache. Müller deckt ein Netz korrupter Machenschaften auf, die eines demokratischen Rechtssystems unwürdig sind. Wohlgemerkt: ohne jeglichen Versuch der Emotionalisierung. Der Ermittler der Mordkommission, Joe Matthews, sagt über Riechmann Sätze wie „Er ist ein Macho und ein Lügner“. Und im Nebensatz: „einzig die Beweise fehlten“. Doch dieses unwesentliche Handicap war für das amerikanische Rechtssystem offenbar kein Problem.

Unglaubliches kommt ans Licht: Der in Riechmanns Zelle eingeschleuste Kronzeuge Walter Smykowsky bekennt, Vorgaben des Staatsanwalts nachgeplappert zu haben. Ein Expolizist sagt aus, zum Meineid genötigt worden zu sein. Müller hat Entlastungszeugen ausfindig gemacht, die nie gehört wurden: unter anderem einen Mann, der von sich behauptet, den tödlichen Schuss auf die deutsche Touristin abgegeben zu haben. Eine saubere journalistische Arbeit. GITTA DÜPERTHAL