Kleine Rache

US-Menschenrechtskommission tagt künftig ohne die Vereinigten Staaten. Sudan wurde hineingewählt

WASHINGTON taz ■ Sudan ist drin, die USA sind draußen: Bei der Wahl von 14 Mitgliedern der UN-Menschenrechtskommission am Donnerstag in Genf erhielten die Vereinigten Staaten zum ersten Mal seit der Gründung 1947 keinen Sitz. Von den 54 Mitgliedern der Kommission wird etwa ein Drittel im Rotationsverfahren nach regionalen Kriterien für drei Jahre gewählt. Bei der geheimen Abstimmung im UN-Wirtschafts- und Sozialrat (Ecosoc) gingen die für den westlichen Block reservierten drei Sitze in der Menschenrechtskommission am Donnerstag an Frankreich (52 Stimmen), Österreich (41) und Schweden (32). Die USA bekamen nur 29 Stimmen. Dass Frankreich die meisten Stimmen erhielt, führten Beobachter auf Stimmen der Drittweltländer zurück, bei denen dieses Land hohes Ansehen genieße. Trotz vorheriger Überzeugungsversuche seitens der USA war keines der drei europäischen Länder bereit gewesen, seine Kandidatur zurückzuziehen. Damit sind die USA erstmals seit Gründung der Kommission 1947 nicht mehr dort vertreten.

„Unglaublich, wenn man bedenkt, welchen Druck die USA als ständiges Mitglied des Sicherheitsrates ausüben können“, sagte eine Diplomatin. Neben dem Sudan erhielten Bahrain, Südkorea und Pakistan, Kroatien und Armenien, Chile und Mexiko sowie Sierra Leone, Togo und Uganda einen Sitz in der Komission.

Für die Brüskierung der USA kamen unterschiedliche Motive zusammen. Der ständig unter der Oberfläche brodelnde Groll gegen die Supermacht sei übergekocht, erklärte die Diplomatin. Die USA zahlten ihre Schulden nicht, versagten dem Internationalen Strafgerichtshof ihre Unterstützung und verwürfen das Klimaschutzprotokoll von Kioto, ohne vorher irgendjemanden zu konsultieren. In der Menschenrechtskommission selbst hätten sie sich Feinde gemacht, weil sie gegen ein „Recht auf Nahrung“ und auf bezahlbare Aidsmedikamente stimmten. Zudem hätten Länder wie China oder Kuba, die sich häufig US-Kritik gefallen lassen müssten, unter den Entwicklungsländern gegen die Vereinigten Staaten mobil gemacht.

Im UN-Hauptquartier löste der Denkzettel zunächst Schadenfreude aus. Doch beim zweiten Hinschauen verging den Diplomaten das Lachen. Den Menschenrechten sei mit dem Ausscheiden der USA aus dem in Genf ansässigen Gremium nicht gedient, warnten Diplomaten und Nichtregierungsorganisationen. Der Kommission droht die Bedeutungslosigkeit. Die Abkehr der Supermacht von multilateralen Entscheidungsprozessen könnte sich verhärten. Der US-Geschäftsträger bei der UNO, James Cunningham, erklärte zwar, die USA würden sich weiter inner- und außerhalb der Vereinten Nationen für die Menschenrechte einsetzen. Doch UN-Diplomaten befürchten, dass der Rauswurf eine neue Anti-UNO-Kampagne im US-Kongress auslöst. Die 826 Millionen Dollar, mit denen die USA ihre Schulden bei der UNO begleichen wollen, sind vom US-Parlament noch nicht endgültig freigegeben. Die Abstimmung könne dazu führen, „die Menschenrechtskommission zu einer weiteren irrelevanten internationalen Organisation zu machen“, drohte der republikanische Ausschussvorsitzende Henry Hyde gegenüber der Washington Post.

ELLY JUNGHANS