„Sergej, geh mal aus dem Weg“

■ Der HSV bleibt erstligareif durch ein 1:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern

Nicht selten reicht ein 1:1, um auf beiden Seiten Zufriedenheit auszulösen. Der Hamburger SV hatte gewonnen, weil er den wohl wichtigsten Zähler dieser Spielzeit erhamsterte. Im zehnten Spiel in Serie unbesiegt und damit die 40-Punkte-Marke erreicht, sprich: Egal, was in den letzten beiden Partien in Cottbus und gegen die Bayern noch passieren mag, Hamburg ist in der nächsten Saison zumindest mit einer Mannschaft im Bundesliga-Oberhaus vertreten.

Doch auch der 1. FC Kaiserslautern hatte gewonnen, obgleich er 90 Minuten lang kaum einmal etwas Ansprechendes produzierte. Denn die in den vergangenen Wochen fußballverlernten Betze-Buben (Andy Brehme: „Der April war tödlich für uns.“) bleiben vorerst Sechster und dürfen weiterhin von der UEFA-Cup-Teilnahme träumen.

Nur einer war nach dem Remis etwas gestresst: Heinz-Günter Römer, der Zeugwart des HSV, hatte gerade die verschwitzten Fußballhemden in einer Kiste verstaut, als es plötzlich nicht mehr vorwärts ging. Im Erdgeschoss des Volksparkstadions blockierte eine Traube von Medienschaffenden den Weg zum Mannschaftsbus.

Die Journaille hatte sich um Hamburgs treffsichersten Angreifer Sergej Barbarez geschart. Denn das Trikot des 29-jährigen Bosniers war an diesem Tag weitgehend sauber geblieben. Nach 16 Minuten hatte Schiedsrichter Hellmut Krug ihm eine Tätlichkeit gegen Lauterns Abwehrrecken Michael Schjönberg angelastet und den Torjäger des Feldes verbannt. Barbarez zu den Reportern: „Da war überhaupt nichts. Ich rechne mit Freispruch.“ Römer zu Barbarez: „Sergej, geh mal aus dem Weg!“ Barbarez bewegte sich zwei Meter nach links, die Traube folgte ihm in Bodyguard-Manier und Heinz-Günter Römer wuchtete die Klamottenkiste nach draußen. So ist das Bundesliga-Geschäft.

Auch die Trainer hatten nichts Platzverweiswürdiges erkannt. Frank Pagelsdorf sprach von der „kuriosesten roten Karte, die ich jemals gesehen habe“ und dass es „für diese Saison mit den Fehlentscheidungen nun reicht.“ FCK-Coach Andy Brehme betonte: „Kein Platzverweis. Ich werde mit Schjönberg ein Wörtchen reden müssen.“ Der Däne soll nach einhelliger Meinung Barbarez provoziert haben.

Nach dem bei kniffligen Entscheidungen bereits zur Gewohnheit gewordenen Feuerzeug- und Kleingeldhagel aus der Nordkurve wurde Fußball gespielt. Nur vier Minuten nach Barbarez' Abgang flankte Milan Fukal auf den freistehenden Roy Präger, der zum bis dato verdienten 1:0 der Gastgeber einköpfte. Dann passierte lange Zeit wenig bis gar nichts, ehe der eingewechselte Silvio Adzic (84.) mit einem abgefälschten Schuss in den Winkel für den 1:1-Endstand sorgte.

Alle waren irgendwie zufrieden. Selbst Barbarez posierte eineinhalb Stunden nach Abpfiff schon wieder bestens gelaunt mit den Fans für Erinnerungsfotos. Oliver Lück

Hamburg: Butt - Ujfalusi, Hoogma, Panadic - Töfting (53. Hertzsch), Fukal, Hollerbach - Heinz - Mahdavikia (89. Fischer), Barbarez, Präger (81. Yilmaz)

Kaiserslautern: Georg Koch - Komljenovic - Harry Koch, Schjönberg - Buck (60. Adzic), Hristow (69. Bjelica), Pettersson, Ziehl - Lokvenc, Klose Tore: 1:0 Präger (20.), 1:1 Adzic (84.)

SR.: Krug (Gelsenkirchen) – Z.: 52.124

Rote Karte: Barbarez nach Tätlichkeit (16.)