Lautes Gelächter auf dem Alexanderplatz

Ganz ohne Witz: Am gestrigen Weltlachtag lachten sich 300 Menschen schief und krumm. Das soll die Gesundheit fördern

Die Idee des Weltlachtages kommt aus Indien. Es war der Arzt Madan Kataria, der 1995 in Bombay den ersten Lachclub der Welt gründete. Zuvor war sein Projekt eines Witzeclubs gescheitert, weil den Mitgliedern mit der Zeit die Scherze ausgingen. Doch mit dem etwas allgemeiner gehaltenen Lachclub funktionierte sein Konzept weitaus besser. Das „heitere Kinderlachen ohne Grund“ setzte sich langsam auch unter Erwachsenen durch. Inzwischen lachen am Weltlachtag in Indien Zehntausende. Die meisten davon sind in Lachgruppen organisiert. Und selbst im grauen Berlin wurde gestern der Weltlachtag von den Lachclubs der Stadt öffentlich auf dem verregneten Alexanderplatz begangen.

Denn die Anhänger der Lachbewegung sind äußerst entschlossene Menschen. Da macht es nichts, dass der Mai uns um schöne Sonnentage betrügt, die nasse Kälte einem ins Gesicht weht und der Wind die Regenschirme umstülpt. Die Freunde des Weltlachtages lachen trotzdem. Sie klopfen sich vor der überdachten Bühne heiter gegenseitig auf die Regenjacken, drehen vergnügt die Lautsprecher auf und wiegen sich zu Liedern der Musikgruppe Abba. Die mitgebrachten Kinder kichern den frierenden Journalisten in die Mikrofone.

Schließlich brauchen Lachclubs keine Witze zum Lachen. Vielmehr versuchen sich diese Menschen durch Körper- und Atemtraining zum Lachen zu stimulieren. Dazu rudern sie mit den Armen in der Luft, wedeln mit den Fingern und rufen: „Ho, ho, ha, ha, ha“. Das sieht ein wenig seltsam aus. Und Umherschlendernde, die dieses Schauspiel zufällig beobachten, müssen allein deswegen lachen.

„Lachforscher haben bewiesen, dass Lachen gesundheitliche Vorteile bietet“, sagt eine Humortherapeutin, die klatschend die etwa 300 Lachenden von der Bühne herunter anleitet. Während ihrer Erklärungen muss die Humortherapeutin selbst auch oft lachen, so dass man ihre Sätze fast gar nicht mehr verstehen kann. Aber es geht irgendwie darum, dass Lachen nicht nur das Immunsystem stärkt. Es regt auch den Stoffwechsel an. Beim Lachen werden circa 80 Muskeln bewegt. Die inneren Organe werden massiert. Und außerdem helfe Lachen bestimmte Stresshormone abzubauen, meint die lustige Frau am Mikrofon.

Einen ähnlichen gesunden Zweck verfolgt auch der Berliner Lachchor „Schief und Krumm“, der nach der Humortherapeutin auftritt. Die Mitglieder dieses Chores werden nicht nach ihrer Stimme, sondern nach ihrem Lachen ausgewählt. Statt Volkslieder zu singen, lacht die Gruppe demgemäß ihr Repertoire. Eine Gruppe von Teenagern, die in Buffaloschuhen in der Menge steht, findet das Ganze inzwischen ziemlich peinlich.

Später erklärt die Humortherapeutin noch: „Es kommt nicht nur auf lautes Gelächter an. Wir probieren mit vielen sanften Übungen auch leise zu lächeln.“ Die Mitglieder von Lachgruppen haben trotzdem häufig ein hörbares Lachen statt einer Ansage auf dem Anrufbeantworter. Bei manchen Clubs kann man sich auch für Lachyoga anmelden.

KIRSTEN KÜPPERS