Letzte Tränen für Landowsky

CDU-Fraktion einigt sich auf Frank Steffel als Nachfolger für Fraktionschef Klaus Landowsky. Der tritt nicht wegen der Spendenaffäre zurück, sondern um die Stadt vor einer Linksregierung zu retten

aus Kloster Banz ANDREAS SPANNBAUER

Frank Steffel wird neuer Vorsitzender der CDU-Fraktion. In einer bewegten Sitzung, in der nach Angaben aus Fraktionskreisen auch Tränen flossen, einigten sich die 75 Abgeordneten zum Abschluss ihrer dreitägigen Klausurtagung im oberfränkischen Kloster Banz auf den 35-jährigen Unternehmer aus Reinickendorf als Nachfolger des langjährigen Fraktionschefs Klaus Landowsky.

Landowsky selbst kündigte gegen Mittag seinen Rücktritt an. Bei der offiziellen Wahl Steffels am 15. Mai werde er nicht mehr im Amt sein. „Ein neues Jahrhundert braucht neue Leute“, sagte der 59-Jährige sichtlich bewegt. Er trete zurück, um dem Koalitionspartner SPD keinen Vorwand für einen Bruch der Koalition und eine Linksregierung unter Beteiligung der PDS zu liefern: „Der Mensch denkt und ein anderer lenkt.“ Die Haltung der SPD, die wegen Landowskys Verstrickung in die Spendenaffäre der CDU seinen Rücktritt bis zur Sommerpause gefordert hatte, nannte der scheidende CDU-Fraktionsvorsitzende „eine fast unsittliche Zumutung“. Er wolle es jedoch seinerseits der Stadt Berlin nicht zumuten, dass der Koalitionspartner in die Arme der PDS getrieben werde. Der CDU-Politiker betonte, er rechne nicht damit, dass im Untersuchungsausschuss zur CDU-Spendenaffäre für ihn persönlich „Vorwerfbarkeiten“ ans Tageslicht kämen.

Landowsky kündigte an, auf dem CDU-Landesparteitag am 11. Mai für den Posten des stellvertretenden Landesvorsitzenden zu kandidieren und seiner Partei zukünftig in einer „Zukunftswerkstatt“ als Berater zur Verfügung zu stehen: Trotz des Rücktrittes sprach er von einem guten Tag. Mit der Einweihung des Bundeskanzleramtes am Mittwoch sei sein Lebenstraum – Berlin als Hauptstadt eines wiedervereinigten Deutschlands – in Erfüllung gegangen.

In einer nichtöffentlichen Sitzung erhielt Landowsky nach Angaben aus Fraktionskreisen von seinen Parteifreunden stehende Ovationen für sein Werk als Fraktionsvorsitzender. Landowskys designierter Nachfolger Steffel sagte, manche in der Fraktion würden die wahre Leistung Landowskys erst ganz realisieren, wenn er dieses Amt nicht mehr ausübe. Steffel erklärte gestern seine Kandidatur, nachdem ihm der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen seine Unterstützung versichert hatte. Vor allem Diepgen, der intern den Rücktritt Landowskys eine „schlimme Entscheidung“ nannte, hatte auf eine rasche Lösung der Personalfragen gedrängt.

Steffels Konkurrent, der parlamentarische Geschäftsführer Alexander Kaczmarek, verzichtete nach sichtlich angestrengten Verhandlungen bei Waldspaziergängen in der Umgebung des fränkischen Klosters auf eine eigene Bewerbung. Er rückt aber zum ersten stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden auf. Dies sei, so Landowsky, eine „befreiende Entscheidung“ für die Fraktion gewesen. „Wenn die beiden Freunde wären oder werden, ergänzen sie sich ideal“, lobte Landowsky die künftige Führungskonfiguration. Der mittelmäßig gelaunte Kaczmarek begründete seinen Verzicht mit den Worten, die CDU müsse sich in schwierigen Zeiten zusammenraufen. Kaczmarek werden mehr fachspezifische Kompentenzen im Bereich der Haushaltspolitik attestiert, Steffel gilt als Generalist mit der Fähigkeit zur Emotionalisierung von Themen. Steffel kündigte ein Ende der demoskopischen Talfahrt der CDU sowie eine erfolgreiche Teamarbeit an: „Man kann ein Spiel nicht mit 11 Torhütern und 11 Mittelstürmern gewinnen.“

Steffel soll in der Fraktionssitzung am 15. Mai für den Rest der Legislaturperiode zum Vorsitzenden gewählt werden. Eine dafür nötige Satzungsänderung ist bereits in Arbeit. Neuwahlen des gesamten Fraktionsvorstandes sind dagegen nicht vorgesehen. Sie sollen turnusgemäß im kommenden Jahr stattfinden.

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