Spanier sind teuer

Wenn die EU größer wird, wird das Geld knapper. Um weiterhin von Brüssel gefördert zu werden, verzögert Madrid die Verhandlungen

MADRID taz ■ Spaniens Regierungschef José María Aznar nützt jede Gelegenheit, um an Geld zu kommen. So will er nun seine Zustimmung zu einer fünf- bis siebenjährigen Übergangsfrist für die Arbeitnehmerfreizügigkeit bei der EU-Osterweiterung davon abhängig machen, ob die Interessen seines Landes auch in einer Union aus 27 Mitgliedsstaaten gewahrt bleiben. Das Land auf der iberischen Halbinsel hat andere Sorgen als Deutschland und Österreich, nur in Ausnahmefällen dürften wohl Zuwanderer aus Polen oder der Slowakei über die Pyrenäen kommen. Stattdessen fürchtet Aznar um die Zuschüsse aus den EU-Töpfen. Denn auch 15 Jahre nach dem EU-Beitritt ist Spanien mit 23,5 Prozent der regionalen Fördermittel noch immer der größte Nettoempfänger. Was also liegt näher als die Zustimmung, die Deutschland für die Einführung der Übergangsfristen braucht, so teuer wie möglich zu verkaufen.

Spanien fordert, dass die Zuwendungen aus Brüssel weiterhin auf Grundlage von 15 Mitgliedsstaaten berechnet werden. So sei es seit dem spanischen EU-Beitritt gehandhabt worden und darum habe man auch weiterhin darauf Anspruch. Der Grund für diese Argumentation liegt auf der Hand: Aus dem Kohäsionsfonds der EU bekommen nur die Regionen Geld, die unter 90 Prozent des durchschnittlichen Bruttoinlandsprodukts der Union liegen. Bei den Strukturfonds sind es 75 Prozent. Bei einer Neuberechnung auf Grundlage der erweiterten Union mit 3 bis10 sehr armen osteuropäischen Staaten läge Spanien über dieser Grenze. Nach einer Studie der Dresdner Bank könnten sich die jährlichen Nettozahlungen an Spanien um fast 50 Prozent auf 3,8 Mrd. Euro verringern. Doch eine rein statistische Konvergenz, die die tatsächliche Lage Spaniens nicht berücksichtigt, macht für Spaniens Außenminister Josep Piqué „keinen Sinn“. Mit dieser Kritik stößt er zumindest bei Italien und Griechenland auf offene Ohren.

„Spanien möchte nicht ewig Hilfe von den anderen Ländern beziehen. Denn das wäre eine historische Niederlage“, erklärt Piqué, der nicht als der Abzocker der Union gesehen werden will. Doch die 90-Prozent-Hürde würde Spanien gerne noch mit Unterstützung der großen Brüder aus dem Norden nehmen. Für Piqué sind die bisherigen Hilfsgelder gut angelegt. Als Spanien 1986 der Europäischen Gemeinschaft beitrat, lag das Land bei 68 Prozent des europäischen Durchschnittseinkommens. Heute sind es 82 Prozent. Piqué: „Fast ein Prozentpunkt pro Jahr, eine Entwicklung, die den Kohäsionsfonds rechtfertigt.“ REINER WANDLER