Haching verschusselt den Sieg

■ Grusel Bremen gegen Dussel Unterhaching 0:0, Schaaf „stinksauer“

Die Szene war symptomatisch: Gut fünf Minuten vor Ultimo stürmen gleich drei, vier Hachinger auf die weitgehend entvölkerte Bremer Abwehr zu, Miroslaw Spizak überläuft mit dem Ball am Fuß am linken Strafraumeck den verzweifelt in's Leere grätschenden Dieter Eilts, geht noch ein paar Meter, sieht Werder-Keeper Frank Rost auf sich zustürzen, rechts winkt der völlig freistehende Altin Rraklli, doch Spizak zieht ab – und ... rechts am beinahe freien Tor vorbei. Und der arme Rraklli hüpft wie weiland Rumpelstilzchen wild fluchend auf der Stelle. Wieder kein Tor für Haching – die Szene war symptomatisch für das Spiel der schwer abstiegsgefährdeten Münchner Vorstädter bei den UEFA-Cup-ambitionierten Bremern. Am Ende stand's 0:0. Massel für Werder, denn Haching war zu schusselig zum Siegen.

Kaum zu glauben, dass diese Bremer auf dem Sprung in's internationale Geschäft sein sollten. Derart desolat war die Vorstellung der grün-weißen Platzherren am sonnigen Sonntagnachmittagspiel. Von einem Spiel konnte kaum die Rede sein, Werder stolperte sich über die 90 Minuten. Drei zusammenhängende Kurzpässe galten als Höhepunkt der Kunst – und die Analyse des Bremer Übungsleiters hernach fiel entsprechend aus. Hätte Thomas Schaaf auch nur halb so viel Temperament wie Giovanni Trapattoni, es wäre zu einer zweiten „Flasche leer“-Pressekonferenz gekommen. Wobei auch Schaafs Ansprache durchaus explosiv war. „Das war das schwächste Heimspiel seit zwei Jahren. Die Zuschauer haben gepfiffen“, grantelte er in die eifrig notierende Journalistenrunde. „Zu Recht! Die Zuschauer haben gerufen: Wir woll'n euch kämpfen seh'n! Zu Recht! Ich bin stinksauer heute, für so eine Leistung habe ich kein Verständnis!“

Die Leidenschaft hatte er vermisst, die Begeisterung, Aggressivität, Zweikampfbereitschaft – „Das habe ich bei zwei, drei Spielern gesehen, bei den anderen habe ich nur viele Worte gehört.“ Dabei hatten seine Kicker recht ordentlich begonnen, hatten in den ersten zehn Minuten schon fünf Eckbälle herausgeholt und die Hachinger Hintermannen schwer in's Schwimmen gebracht. Doch dann war's vorbei mit der Bremer Herrlichkeit. Ab da landeten die langen Bälle der grünen Herren Baumann und Krstajic ebenso regelmäßig bei den Roten wie die kürzeren Versuche von Herzog oder Banovic. Was auch nicht viel ausmachte, denn Pizarro oder Ailton hätten in ihrer Sonntagsform ohnehin nichts damit anfangen können. Allein Frings, Eilts und Keeper Rost erreichten annähernd Normalform. Was die Roten wiederum veran-lasste, ihrerseits die abstiegsgeplagten Hasenherzen in die Hände zu nehmen und nach vorne zu spielen. Mal trieb der umsichtige Hendrik Herzog, mal Matthias Zimmermann, Miroslaw Spizak stellte die Bremer Defensive immer wieder vor Rätsel. Was – siehe oben – auch nicht allzu schwer war. Und das zahlende Publikum murrte erst, dann pfiff es und schließlich, nach einem guten Stündchen, skandierte es „Aufhören! Aufhören!“ Das hatte es seit der Amtsübernahme von Thomas Schaaf vor zwei Jahren nicht mehr gegeben.

Entsprechend zerknirscht war dann auch Gästetrainer Lorenz Günther Köstner. Dreimal waren seine Spieler mehr oder minder frei vor Frank Rost aufgetaucht, dreimal hatten sie vergeigt: „Eine erstklassige Mannschaft hätte wenigs-tens eine dieser Chancen reingekegelt“, stöhnte er, als hätten sich alle Fußballmächte gegen ihn und die Seinen verschworen. Zumal seiner Truppe wieder mal ein Elfmeter versagt worden war. In der Tat hatte Eilts zu Beginn der zweiten Halbzeit Spizak im Strafraum gefällt. Kein Pfiff von Schiri Fröhlich, kein Tor für Haching. Nur ein mageres Pünktchen für die einen wie für die anderen.

Das nützt weder den Bremern noch den Hachingern. Die einen können ihre Träume vom UEFA-Cup seit Sonntag wohl begraben, die anderen müssen weiter zittern. Nur zwei Pünktchen trennen die Hachinger vor dem Abstieg. Und einfacher als gegen Bremen wird's wohl nimmermehr. Kann sein, Haching hat am Sonntag nicht nur den Sieg verschusselt, sondern auch den Klassenerhalt. J. Grabler