USA wollen Streitkräfte umbauen

Mit einer neuen Militärstrategie will die Regierung in Washington vom Zwei-Kriege-Prinzip abrücken. Nach Meinung des Pentagon sind künftig mehr Sondereinsätze notwendig. Schwerpunkt des Konzepts ist nicht mehr Europa, sondern Ostasien

aus Washington ELLY JUNGHANS

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld will die Streitkräfte der Vereinigten Staaten drastisch umbauen und dafür das Zwei-Kriege-Prinzip über Bord werfen. Zwei konventionelle Kriege gleichzeitig führen zu können, sei keine nützliche Formel mehr, sagten Pentagon-Beamte der Washington Post. Künftig seien vor allem Sondereinsätze gefragt, um brenzlige Situationen wie eine chinesische Blockade von Taiwan zu bewältigen. Rumsfelds Umstrukturierung dürfte von den Streitkräften nicht widerspruchslos hingenommen werden, vor allem nicht vom Heer.

Das seit Ende des Kalten Krieges geltende Zwei-Kriege-Prinzip besagt, dass die USA darauf vorbereitet sein müssen, gleichzeitig einen zweiten Golfkrieg und eine militärische Auseinandersetzung in Korea zu führen. Auf dieser Grundlage errechnet sich der Bedarf an Soldaten, Waffen, Schiffen und Flugzeugen. Auch die derzeitige Truppenstärke von 1,4 Millionen basiert darauf. Laut der Washington Post will US-Präsident George W. Bush die Reformpläne diese Woche mit Rumsfeld besprechen und sie dann am 25. Mai bei einer Rede in der Marineakademie in Annapolis bei Washington vorstellen.

In Verteidigungszirkeln wird die Zwei-Kriege-Formel schon seit einiger Zeit in Frage gestellt. In den vergangenen Jahren forderten zwei Expertenkommissionen ihre Abschaffung, weil sie die Fortentwicklung der Streitkräfte behindere. Auf der Gegenseite stand noch vor einem halben Jahr der heutige Vizepräsident Richard Cheney. Das Zwei-Kriege-Prinzip dürfe auf keinen Fall geopfert werden, um einen weiteren Truppenabbau oder Kürzungen des Verteidigungshaushalts zu rechtfertigen, sagte er im nichtkommerziellen Fernsehsender PBS: „Offen gesagt, das wäre eine Katastrophe.“

Doch Rumsfeld braucht Geld, um moderne Waffensysteme anzuschaffen. Statt Flugzeugträger will er mehr Zerstörer haben, und statt Kampfjets steht ihm der Sinn nach Langstreckenbombern. Der Schwerpunkt der Militärstrategie solle von Europa nach Ostasien verlagert werden, berichtete jetzt die Post. Ostasien gilt als Beritt der Marine und der Marineinfanterie, während Europa der Bereich des stehenden Heeres ist. Bereits die Tatsache, dass Bush das Verteidigungsbudget bisher nicht erhöhte, sorgt innerhalb der Militärführung für Verärgerung.