Raus aus der Behindertenecke

■ Die Gruppe „Klabauter“ präsentiert Shakespeares „Sturm“

Manchem mag noch die Babylon-Produktion des Sommer-nachtstraums von Barbara Neureiter mit Behinderten von Station 17 in Erinnerung sein, die 1996 auf Kampnagel für Aufsehen sorgte. Die Gruppe aus den Alsterdorfer Anstalten spielte neben prominenten Theaterprofis wie Stefan Kurt. Was damals den meisten als Sensation galt, war vor allem in der Rezeption unbedarfter Zufallsbetrachter eine solche. Andere sahen die Behinderten zu gut funktionierendem Beiwerk degradiert.

Mit weniger öffentlicher Aufmerksamkeit versehen, gab es damals in Hamburg schon längst die Gruppe Eisenhans, die im Gefolge von Produktionen des Thalia-Treffpunktes, dem Jugendclub des Thalia-Theaters, entstanden war. Auch sie bietet integrative Inszenierungen – aber ohne Promis und Exotenbonus, dafür in ernsthafter Auseinandersetzung mit spezifischen Bedürfnissen, oft mit selbst erarbeiteten Themen. Vor etwa fünf Jahren gründete die Schauspielerin und Theaterpädagogin Astrid Eggers, die lange für Eisenhans arbeitete, die Gruppe Klabauter, ein Theaterprojekt, in dem junge Behinderte mit besonderen darstellerischen Fähigkeiten als professionelle Schauspieler arbeiten. Die Gruppe ist Ergebnis der Bemühungen, für Menschen mit Behinderungen individuelle Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen und ihnen auf solider Nicht-Zufalls-Basis zu theatralem Ausdruck zu verhelfen.

Nun ist das Ensemble aus zehn Twens mit einer eigenen Fassung von Shakespeares Sturm zu sehen. Sie entstand dicht am Originaltext, von Astrid Eggers auf die Darsteller zugeschrieben. Aus vier Stunden machte sie zwei, manches baute sie um. So hat sie den Liebesdialog zwischen Miranda und Ferdinand in einen Tanz übersetzt. Aus den antiken Göttern machte sie Elvis, Marylin und Tabaluga: die Götter von heute. Wichtiger Faktor ist die Musik: Rock von Hendrix ebenso wie Walzer oder Songs der Toten Hosen.

Bei einigen Gastspielen nach der Premiere letzten Herbst erntete die Gruppe großen Beifall. Nun sind verstärkt normale Theater als Spielorte anvisiert. Raus aus dem Behinderteneckchen. „Nur so können wir die Erwartungshaltung der Zuschauer und letztlich der Umwelt aufbrechen“, erklärt Astrid Eggers. „Nach wie vor werden Behinderte nicht für voll genommen, herrschen Urteile darüber, wie sie gefälligst zu sein haben. Aber nicht darüber, wie sie sind.“

Oliver Törner

10. + 12.5., 20 Uhr; 13.5., 17 Uhr, Rudolf-Steiner-Haus, Mittelweg 11, Karten-Tel. 66 93 18 57 oder 41 33 160