Einer klebt an seiner Scholle

■ Gewerbegebiet „Hansalinie“: Ein Bauer schießt quer / Die SPD bietet dem Wirtschaftssenator Paroli und besteht auf Naherholung

Die Bremer Innenstadt passt zweimal rein: 650 Hektar oder 1.300 Fussballfelder groß soll das Gewerbegebiet „Hansalinie“ mitten in der Arberger und Mahndorfer Wesermarsch werden. Die AnwohnerInnen laufen Sturm gegen das Projekt im Landschaftsschutzgebiet. Doch die Werbeschilder an der Autobahn stehen schon, noch in diesem Monat will der Bremer Senat die Rahmenplanung für das Mega-Ding absegnen. Im Jahr 2004 könnte mit der Erschließung der ersten beiden Bauabschnitte begonnen werden. Auf 120 Hektar feinstem Marschenland sollen sich dann Logistikfirmen oder Zulieferer für DaimlerChrysler ansiedeln. Wenn alles gut geht.

Denn da gibt es einen Mann, der die „Hansalinie“ vielleicht noch verhindern kann: Bauer Eckart Hoehne. Einer von insgesamt rund 20 ParzellenbesitzerInnen, die ihre Flächen noch nicht für das Gewerbegebiet verkauft haben. Aber Hoehne hat den Löwenanteil. Zurzeit pflanzt er noch seelenruhig Weizen, Gerste und Raps in der Marsch an. Und das soll auch so bleiben. Hoehne klebt an seiner Scholle: „Ich bin gegen das Gewerbegebiet. Und ich verkaufe nicht.“

Die „Hansalinie“: ein gigantisches Zukunftsprojekt des Senats. Wenn ab dem Jahr 2004 das nahe Hemelinger Gewerbegebiet dicht ist, will Bremen direkt in der Nähe der Autobahn neue Flächen anbieten können. Eine Bürgerinitiative hat sich gegründet, Unterschriften gesammelt, Aktionen gestartet. Hoehne ist ihre große Hoffnung. Immerhin besitzt der Bauer 26 Hektar oder ein Fünftel der ersten beiden Abschnitte der „Europalinie“. Ausgerechnet Hoehnes Besitztümer sind so fein über das ganze Areal versprenkelt, dass es unmöglich scheint, das Gewerbe einfach drumrum zu bauen. Ähnlich waren die Planer bereits bei der Mahndorfer Trainingsrennbahn für Pferde verfahren: Weil die St.-Johannis-Gemeinde – oder der renitente Pastor Friedhelm Blüthner – ihre Sprengel nicht abgeben wollten, werden die Pferde demnächst direkt neben dem Kirchengelände galoppieren.

Der Bauer bereitet Kopfzerbrechen. „Enteignungen sind für Gewerbegebiete nicht möglich. Wenn Hoehne ,nein' sagt, gibt es kaum juristische Möglichkeiten, ihm das Land abzujagen“, sagt der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Joachim Schuster.

Letztlich ist auch alles eine Frage des Preises. Hoehne: „Sie haben mir 16 Mark pro Quadratmeter geboten. Lächerlich! Damals haben sie den Bauern für die Flächen in der Hemelinger Marsch glatt 27 gezahlt.“ Den Makler, der im Auftrag der Bremer Investitionsgesellschaft (BIG) auf Einkaufstour für die „Europalinie“ ging, schickte Hoehne in die Wüste.

Dann bot man ihm Tauschflächen in der Marsch näher an der Weser an. Dabei ist gar nicht sicher, was auf diesem Gelände in Zukunft passieren könnte. Thema: Ausgleichsflächen für den Gewerbepark. Das von Josef Hattig (CDU) geführte Wirtschaftsressort plant nämlich, Gebiete in Niedersachsen als Ausgleich für das Gelände der „Europalinie“ zu kaufen. „Wir wollen als Ausgleichsmaßnahme die Rückverlegung des Deiches“, sagt dagegen SPD-Mann Schuster. Bestandteil der „Europalinie“-Planung sei bislang noch die Rückverlegung des Deiches parallel zum alten, damit die Weser mehr Auslauffläche bekomme. Schuster: „Weit draußen in Niedersachsen könnte man nicht das tun, was wir unter Naherholung verstehen.“ ksc