Wir können nur billig

Landesregierung schließt trotz Haushaltskrise eine Erhöhung der Nettoneuverschuldung aus. Finanzsenator Kurth rechnet mit schneller Einigung der Koalitionspartner über Sparmaßnahmen

von ANDREAS SPANNBAUER

Der Senat von Berlin will nicht weiter auf Pump leben. Trotz der schweren Haushaltskrise beschloss die Landesregierung gestern, auf eine Erhöhung der Nettoneuverschuldung zu verzichten. „Eine Erhöhung der Neuverschuldung würde die Probleme nur verschieben und kommt für den Senat daher nicht in Betracht“, sagte Finanzsenator Peter Kurth, der sich mit seinem Konsolidierungskurs durchsetzte. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) hatte dagegen eine Neuaufnahme von Krediten in der Vergangenheit nicht ausgeschlossen.

Der Senat will den Entwurf für einen Nachtragshaushalt am 29. Mai im Parlament vorlegen. Nach Angaben der Finanzverwaltung müssen noch im laufenden Jahr insgesamt 650 bis 700 Millionen Mark eingespart werden. Ursache für das erhöhte Defizit sind unter anderem Dividendenausfälle bei der Bankgesellschaft Berlin und den Wohnungsbaugesellschaften sowie unvorhergesehene Mehrausgaben für die Messe Berlin und den Großflughafen Schönefeld. Der Senat geht außerdem wegen der bevorstehenden Steuerschätzung am 18. Mai von weiteren Einnahmeausfällen aus.

Nach Angaben von Senatssprecher Michael-Andreas Butz wurde im Einvernehmen mit den Bezirksbürgermeistern vereinbart, dass die konsumtiven Ausgaben der Bezirke erneut um 60 Millionen Mark verringert werden. Darüber hinaus werde der Senat mit der Vorlage des Nachtragshaushaltes die geplanten „pauschalen Minderausgaben“ vollständig umsetzen.

Wo das restliche Geld herkommen soll, ist bislang noch unklar. Kurth sagte, in den vergangenen Wochen seien bereits konkrete Deckungsvorschläge erarbeitet worden. Er sei zuversichtlich, dass sich der Senat zügig auf einen Nachtragshaushalt verständigen werde. Der SPD-Vorsitzende Peter Strieder hatte auf dem Parteitag im April einen Bruch der Koalition aufgrund von Differenzen über den richtigen Sparkurs nicht ausgeschlossen. Klaus Dittko, Sprecher der Senatsfinanzverwaltung, teilte mit, es gebe aus den einzelnen Verwaltungen bereits wohlwollende Reaktionen auf die Sparüberlegungen des Finanzsenators.

Kurth hat bereits angekündigt, dass in diesem Jahr im öffentlichen Dienst 2.500 Stellen gestrichen werden sollen, 1.000 mehr als vorgesehen. Bei den Gewerkschaften stoßen diese Pläne auf Widerstand. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft droht bereits mit Protestaktionen gegen die Sparpläne.

Nach dem Senatsbeschluss über den Nachtragshaushalt am 29. Mai könnte das Abgeordnetenhaus den Entwurf bereits zwei Tage später in erster Lesung behandeln. Senatssprecher Butz rechnete damit, dass das Gesetz noch vor der Sommerpause verabschiedet werden könne. Auch der Senatsbeschluss über den Haushalt 2002 solle bis dahin erfolgen. Eine weitere Belastung des Haushalts durch die bevorstehende Sanierung der unter Druck geratenen mehrheitlich landeseigenen Bankgesellschaft Berlin schloss die Finanzverwaltung aus.