Keine Überraschung

Falk Balzers Urin ist tatsächlich Falk Balzers Urin. Der Kölner Doping-Analytiker Wilhelm Schänzer hat das auch nicht anders erwartet

Interview FRANK KETTERER

taz: Herr Prof. Schänzer, wie haben Sie das Ergebnis der DNA-Analyse von Falk Balzer aufgenommen?

Prof. Wilhelm Schänzer: Für mich ist das keine Überraschung. Grundsätzlich muss man dazu ohnehin sagen, dass eine DNA-Analyse nur dann Sinn macht, wenn es in einem Doping-Verfahren Anhaltspunkte gibt, dass ein Athlet manipuliert hat oder dass von anderer Seite Einfluss auf die Proben genommen wurde. Das war bei Falk Balzer nicht der Fall.

Wie können Sie das wissen?

Wir haben ganz genaue Vorschriften, wie die Proben abgenommen, wie sie transportiert, wie sie im Labor gehandhabt werden. Da hat es bei der Probe von Balzer keinerlei Anhaltspunkte auf irgendwelche Ungereimtheiten gegeben.

Dennoch glaubt Balzer weiterhin, dass es „viele Anhaltspunkte und Indizien“ gäbe, die für seine Unschuld sprächen. Was könnte er damit meinen?

Im Augenblick ist es schlichtweg so, dass wir ein positives Ergebnis vorliegen haben, weil ein Nandrolon-Metabolit in seinem Urin analysiert wurde. Und das bedeutet ein Verstoß gegen das Doping-Reglement. Auf der anderen Seite wissen wir mittlerweile, dass die Möglichkeit besteht, auch über die Einnahme so genannter kontaminierter Nahrungsergänzungsmittel ein positives Ergebnis zu erhalten. Wenn man diese Möglichkeit aber ausschließen kann, bleibt nicht mehr viel, um dieses positive Ergebnis zu erklären.

Das Ergebnis der DNA-Analyse scheint seltsam vage formuliert. Unter anderem heißt es da, der Urin stamme „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ von Balzer bzw. es sei „nicht auszuschließen, dass die untersuchte Urinprobe von Balzer stammt“. Bleiben also doch Restzweifel?

Nein, für mich sind alle Zweifel, so sie überhaupt bestanden haben, ausgeräumt. Das Ergebnis ist völlig korrekt so formuliert, weil man auch mit einer DNA-Analyse nur ein Ergebnis mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wird angeben können. Diese Wahrscheinlichkeit ist allerdings sehr hoch.

Von Balzer kritisiert wurde unter anderem, dass die Probe erst fünf Tage nach Entnahme im Analyse-Institut in Kreischa eingegangen ist?

Das ist eine gängige Praxis: dass die Kontrolleure die versiegelten Proben erst sammeln, entsprechend lagern und dann ins Labor transportieren. Das ist bisher noch nie reklamiert worden.

Es ist in dieser Zeit also sichergestellt, dass die Proben weder verderben noch manipuliert werden können?

Richtig. Manipulation könnte man schon durch das Versiegelungssystem feststellen.

Bei der Balzer-Probe gab es auch Unterschiede beim Wert der Harndichte zum Zeitpunkt der Probenahme und ihrer Analyse. Wie erklären Sie das?

Bei der Kontrolle wird mit einem einfachen Gerät die Harndichte bestimmt. Das ist natürlich keine präzise Messung, sondern dient lediglich der Sicherstellung, dass der Athlet keinen Urin abgibt, der zu dünn ist, was wiederum auf eine Manipulation hindeuten könnte. Im Labor wird die Dichte dann nochmals mit einem Präzisionsgerät bestimmt. Dieses Ergebnis ist das entscheidende Kriterium.

Selbst Prof. Helmut Digel, zu jener Zeit noch Präsident des Deutschen Leichtatheltik-Verbandes, hat damals ins Feld geführt, dass es „genügend Beispiele“ gäbe, „dass Fehler vorliegen können“. Schiebt man da der Dopinganalytik wieder einmal den schwarzen Peter zu?

Von außen spekuliert werden kann natürlich viel, auch wenn es der Sache sicherlich nicht dienlich ist. Wir haben ganz klare und nachvollziehbare Verfahrensabläufe. Wenn es dabei zu Regelverstößen kommen sollte, kann der Athlet die Analyse natürlich anzweifeln. Dafür hat es in diesem Fall aber keinen Anhaltspunkt gegeben.

Sind Sie nun auch gespannt, wie Falk Balzer den erhöhten Nandrolon-Wert in seinem Urin zu erklären versuchen wird?

Für mich ist es in erster Linie ein positiver Befund. Wie die Substanzen in den Körper des Athleten gekommen sind, können wir anhand unserer Analytik natürlich nicht feststellen. Wenn der Athlet entsprechendes Entlastungsmaterial beibringen kann, sollte die Medizinische Kommission dieses aber zur Kenntnis nehmen.