: Zitterpartie vorbei
Die Freigabe der Schröder-Beihilfen für Holzmann durch die EU-Kommission kommt spät, aber gerade recht
BERLIN taz ■ Konzernchef Konrad Hinrichs wird ein Felsen vom Herzen gefallen sein, als EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti gestern tatsächlich das Okay gab, das Gerüchte schon seit Wochen angekündigt hatten. Die vor 16 Monaten von Bundeskanzler Gerhard Schröder versprochenen Beihilfen, mit dem die damals bereits für zahlungsunfähig erklärte Philipp Holzmann AG gerettet werden sollte, sind nun abgesegnet.
Damit können die Ausfallbürgschaft des Bundes über 100 Millionen und das Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) über 150 Millionen Mark endlich abgerufen werden. Auch ein weiterer KfW-Kredit über 125 Millionen Mark vom Herbst gilt jetzt als legitimiert.
Die Finanzspritze kommt trotz aller Reden von erfolgreicher Sanierung zur rechten Zeit. Dreimal musste Vorstandschef Hinrichs die vorläufige Bilanz für 2000 korrigieren. Dabei stieg das Minus auf 156 Millionen Mark. Eine Betriebsprüfung offenbarte Rückstellungsbedarf für Steuern aus 1993 und 1994, als Holzmann noch dicke Gewinne machte, sowie für drohende Verluste auf Inlandsbaustellen.
Zurückzuführen sind die Probleme laut Hinrichs auf die „unerwartet schlechte Baukonjunktur in Deutschland“. Auch der „Restrukturierungsaufwand“ ist „wesentlich höher als geplant“. Dazu zählen auch Sozialplankosten: Statt 5.400 fielen 2000 sogar 5.800 Arbeitsplätze weg, nur 1.100 davon hingen mit Unternehmensverkäufen zusammen. Holzmann hat jetzt noch 22.900 Beschäftigte, aber weiteren Abbau im Blick: Wenn sich Handungsbedarf ergebe, werde man nicht zögern, heißt es.
Daneben wird demnächst auch der zweite Teil der Rahmenvereinbarung zu unbezahlter Mehrarbeit und Lohnverzicht fällig, mit der die Beschäftigten die Rettung des Unternehmens mitbezahlt hatten. Wenn sie in zwei Monaten ausläuft, müssen die Holzmänner nicht nur wieder regulär bezahlt werden, ab 2002 dürfen sie die geleisteten Überstunden entweder abbummeln oder bekommen sie ebenfalls entgolten. BEATE WILLMS
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen