Türken nach Blankenese

■ Bürgerschaft I: Wilhelmsburg muss für platte Wahlkampf-Rhetorik herhalten

Ein Stadtteil als Symbol oder lediglich ein Viertel, in dem viel Arbeit geleistet werden muss – so oder so, Wilhelmsburg eignet sich zumindest hervorragend, um daran die Wahlkampf-Rhetorik zu schärfen. Innere Sicherheit, Integration, Migration, Schulpolitik: Ein perfektes Exerzierfeld für Wortraster. Vor allem die CDU nutzte die gestrige Bürgerschaftsdebatte zum Wilhelmsburger Zukunftskongress weidlich aus. „Die bisherige Politik für Wilhelmsburg ist gescheitert“, stellte der CDU-Abgeordnete Dietrich Wersich gleich an den Anfang seiner Rede.

Deshalb müsse alles anders gemacht werden, und das heißt nach christdemokratischer Lesart: verpflichtender Deutschunterricht, Kampf gegen Graffiti und Unsauberkeit und vor allem „Zuzugssteuerung und Begrenzung des Ausländeranteils auf maximal 30 Prozent“. In Wilhelmsburg so Wersichs Parteifreund Karl Heinz Ehlers, gebe es Schulen, „in denen noch Deutsch gesprochen wird, aber nur von der Lehrerin“. Das Haus der Jugend, so Ehlers weiter, sei „preisgegeben zu einem Haus jungerwachsener Türken“, und Jörn Frommann, als Dritter im Chor der CDU-Ordnungsfreunde, vermisste beim Senat „Inländerfreundlichkeit“.

Kopfschütteln bei den übrigen Fraktionen: „Ihre Polemik kennt keine Grenzen und keine Scham“, machte Christa Goetsch (GAL) aus, und Wolfgang Marx von der SPD fragte sich, was die CDU denn machen wolle angesichts eines MigrantInnenanteils von 34 Prozent. „Sind sie für Zwangsabschiebung nach Blankenese, oder wie?“

Für den Senat apellierte Stadt-entwicklungssenator Willfried Maier (GAL) daran, die WilhelmsburgerInnen „nicht als Problem, sondern zum Beispiel die Vielsprachigkeit auch als Chance zu begreifen“. Sein Wunsch, Wilhelmsburg „nicht in den Wahlkampf hineinzuziehen“, blieb fromm und unerfüllt. Der stellvertretende GAL-Fraktionschef Martin Schmidt stellt fest: „Es ist eine echte Krankheit, dass wir von April bis September nur noch in Polemik machen können.“ Peter Ahrens