Putzfrauen-Streik
: Dreck- statt hitzefrei

■ Der Tarifstreit der Reinigungskräfte wird immer bizarrer / Schüler im Glück

Dunkelbraune Sprenkel, mit einem Hauch von Gelb auf keramikweißem Untergrund. Was da in der Kloschüssel klebt, ist das Resultat von vier Tagen Putzfrauenstreik: sozusagen Beschiss ohne Kompromiss. Und weil die Kacke hier wortwörtlich am Dampfen ist, haben seit gestern rund 1.500 SchülerInnen des Schulverbundes Lesum und der Schule in der Kornstraße „dreckfrei“ – wegen völlig verschmutzer Toiletten. Noch am Mittwochabend hatte die Schulbehörde versucht, den strengen Geruch durch den Besuch privater Reinigungsfirmen zu eliminieren. Aber die warnstreikenden Putzfrauen bildeten eine Menschenkette, verteidigten ihre Schulklos wie eine Festung. Schützenhilfe bekamen sie dabei von rund 30 SchülerInnen und anderen Angestellten des Öffentlichen Dienstes. Heiner Tägtmeyer, Schulleiter an der Kornstraße, zeigt Verständnis: „Piloten streiken für 500.000 Mark statt 370.000 Mark Jahresgehalt, Putzfrauen werden bei ihren Forderungen hintergangen: Da ist in unserem Staat doch was faul.“ Auch Janna Köke von der GesamtschülerInnenvertretung stellt sich auf die Seite der Putzfrauen: „Der Senat muss einen neuen Tarifvertrag aushandeln und die Privatisierungswelle stoppen.“

Daran hat der scheinbar kein Interesse. „Private Reinigungskräfte sind ein Drittel billiger als die des öffentlichen Dienstes. Wir werden das staatliche Reinigungspersonal jetzt systematisch abbauen“, so Stefan Luft, Pressesprecher des Finanzsenators. 1.000 Putzfrauen arbeiten im öffentlichen Dienst der Stadt. „Weder Lohnkürzungen noch Kündigungen stehen auf der Tagesordnung“, so Luft. Zumindest nicht für die momentan Beschäftigten.

„Wir wollen ein Auslaufmodell“, sagt Luft. „Arbeitnehmer, die ausscheiden, sollen durch private Anbieter ersetzt werden.“ Vorstellen könne er sich auch das Hamburger Modell, bei dem die kommunalen Reinigungskräfte in eine städtische Gesellschaft überführt wurden und zu den Bedingungen privater Reinigungsbetriebe arbeiten.

Onno Dannenberg von ver.di hält den „Privatisierungswahn“ für den falschen Plan. „Fremdes, teilzeitbeschäftigtes Reinigungspersonal, das 30 Prozent weniger Lohn bekommt, kann eigentlich gleich nach der Arbeit zum Sozialamt gehen und unterstützende Sozialhilfe beantragen.“

Im Zentralkrankenhaus habe man außerdem bereits schlechte Erfahrungen mit privaten Putzfirmen gesammelt. Dort arbeiteten heute wieder Reinungskräfte des öffentlichen Dienstes.

Ver.di verbreite Falschinformationen und „betreibe ein ganz übles Spiel auf dem Rücken der Reinigungskräfte“, betont Günter Danneman, Vorstandsvorsitzender vom Kommunalen Arbeitgeberverband und Staatsrat im Finanzressort.

„Der Senat weiß nicht, wovon er redet“, ärgert sich Onno Dannenberg von ver.di. Wenn der Staatsrat es ernst meine, müsse er seine Aussagen endlich durch Abschluss eines Tarifvertrages verbindlich machen.

Doch zurück zu den SchülerInnen. Statt einem Gang aufs Braune steht ihnen für heute eine Fahrt ins Blaue bevor. Schulleiter Tägtmeyer berief spontan einen Wandertag ein. Die Putzfrauen werden ebenfalls wieder unterwegs sein. Für den heutigen Freitag kündigte Gewerkschaftssekretär Klaus Schukowski die Aufhebung des Warnstreiks an. „Wir geben dem Senat eine Pause zum Nachdenken, bevor wir weitere Maßnahmen ergreifen.“ wie