Schulte hat genug von seiner CDU

■ CDU-Klausurtagung begann mit einer Überraschung: Innensenator Bernt Schulte tritt zurück / Als Nachfolger werden Staatsrat Kuno Böse und der CDU-Politiker Michael Teiser gehandelt

„Anderthalb Stunden dauerte das Tribunal gegen den Innensenator der CDU, Bernt Schulte. Niemand erhob das Wort, um etwas für den Senator zu sagen.“ Das war in der taz vor genau elf Monaten zu lesen. Damals verabredete die CDU, Schulte nur die „gelbe Karte“ zu zeigen. Prognose der taz: „Die Treibjagd geht weiter.“

Das wollte sich der Bremer Innensenator diesmal ersparen und teilte schon zu Beginn der Fraktionsklausur mit, er werden im Juli zurücktreten. Dass sein Rücktritt in der Luft lag, wurde auch in diesen Tagen in der Stadt kolportiert. Während Schulte auf Dienstreisen abwesend war, profilierte sich sein Staatsrat Kuno Böse mit politischen Erklärungen.Böse hatte in Berlin einmal Senator werden wollen. Als ihm zum Amtsantritt Ambitionen nachgesagt wurden, im kleinen Bremen nicht die Nummer zwei anzustreben, sondern selbst Innensenator werden zu wollen, erklärte er: „Das entbehrt jeder Grundlage, weil wir mit Senator Schulte einen hervorragenden Innensenator haben.“ Nach Schultes Rücktrittsankündigung entbehrt diese Frage nicht mehr jeder Grundlage, als Gegenkandidat zu Böse wird der Bremerhavener CDU-Kreisvorsitzende Michael Teiser gehandelt.

Für Teiser spricht, dass er innerparteilich verankert ist. Parteichef Bernd Neumann ist für Teiser, heißt es, weil ihm Teiser dann im Gegenzug die Bremerhavener und Bremen-Norder Stimmen bei der neuen Aufstellung der Kandidaten für den Bundestag bringen kann.

Teiser war als Bundestagsabgeordneter einer der Innenpolitiker von Helmut Kohls „Bonner“ CDU. Teiser wollte 1996 einmal jugendliche Sprayer als „kriminelle Vereinigung“ verfolgt wissen – bis zu fünf Jahren Haft sieht das Strafgesetz für die vor. Das ging selbst der Gewerkschaft der Polizei zu weit. Bei der Bildzeitung brachte er es zu der Schlagzeile: „Kinder mit 12 vor Gericht“, weil er die Absenkung des Strafmündigkeits-Alters von 14 auf 12 Jahre für „dringend erforderlich“ hielt, um der Jugendkriminalität Herr zu werden. Als der bayerische Innenminister 1998 ein Heiratsverbot zwischen Deutschen und Asylbewerbern zur Sprache brachte, fand Teiser das „sinnvoll“, um Scheinehen zu verhindern. Keine Überraschung, dass Teiser auch für eine bundesweite Gen-Datei eintritt: „Sie würde die Feststellung von Tätern erleichtern.“

Gestern Abend war noch unklar, ob die CDU-Spitze heute auf der Pressekonferenz schon eine Entscheidung zwischen den Kandidaten Teiser und Böse bekannt geben kann.

Zu Schultes Rücktritt gab es gestern von der CDU keine Stellungnahme, dafür um so mehr von anderen Seiten. Bürgermeister Henning Scherf erklärte, Schulte habe als Bau- und als Innensenator „zum Ansehen der großen Koalition beigetragen“. Das sehen die Schulte-Kritiker in der CDU auch so, meinen es aber sehr böse. Der Vorsitzende der SPD-Bürgerschaftsfraktion Jens Böhrnsen betonte, Schulte sei „eine integere Persönlichkeit“. Er wies auf die „andauernde Beschädigung durch seine eigenen Parteifreunde“ hin, was „tiefe Rückschlüsse auf die Verfassung von Partei und CDU-Fraktion“ zulasse. Gleichzeitig formuliert der SPD-Fraktionschef seine „Hoffnung“, dass die CDU als Nachfolger eine „herausragende Persönlichkeit“ präsentiere, die in der „liberalen Tradition unseres Bundeslandes“ stehe.

„Auch Bürgermeister Noelle wurde auf unappetitliche Art und Weise von der eigenen Partei aus dem Amt geekelt“, erinnert die Grüne Fraktionssprecherin Karoline Linnert. „Die Bremer CDU ist das Musterbeispiel für einen rücksichtslosen Mobbing-Verein.“ Ihr innenpolitischer Sprecher Matthias Güldner sieht gute Gründe für das Mobbing: „In der Innenpolitik hat Senator Schulte so gut wie nichts auf die Reihe bekommen.“ K.W.