Hartes Blech und heiße Luft

Ballonplatzen im frühen Morgengrauen: Mit Blecharchitekturen und Luftballonmonstern zeigt Oliver van den Berg in der Galerie Kuckei + Kuckei in Mitte, wie der „Kunstraum als Labor“ aussehen kann

von ANDREAS HERGETH

Das blecherne Ding in Form eines Belüftungsschachtes ist stolze zwölf Meter lang. Es durchzieht den gesamten Raum der Galerie „Kuckei + Kuckei“ von einem zum anderen Fenster. So kann man schon von draußen durch das vergitterte und auseinander klaffende Belüftungsloch ins Innere blicken oder besser: durchs Innere hindurch – fällt der Blick doch auch auf den zweiten Innenhof.

Oliver van den Berg hat ganze Arbeit geleistet: Der 40 mal 40 Zentimeter breite Schacht ist Meter für Meter fachgerecht verschraubt und verschweißt. Der verzinkte Blechwurm hängt an stabilen Streben, scheint aber dennoch im Raum auf halber Höhe zu schweben. Wer ihn von beiden Seiten sehen will, muss sich deshalb tief bücken.

Genau in der Mitte, vis-à-vis der Eingangstür, wird der Schacht erheblich dicker. Ein etwa zwei mal eineinhalb Meter großes Blechrechteck hat mehrere Fenster. Eins davon ist dank Milchglas nicht durchschaubar. Man spiegelt sich und wird – Idealfall von Kunst – auf sich selbst zurückgeworfen. Auf der Seite zur realen Eingangstür hin befindet sich auch im blechernen Objekt eine Tür. Spätestens jetzt wird klar, worum es sich hier handelt: Kein nachgebautes Technikdetail aus einem Science-Fiction-Film, kein Teilstück eines Experimentes, sondern die Galerie selbst.

Das Modell gibt die Räumlichkeit im Maßstab 1:6 wider. Der Raum im Raum schwebt in der Grauzone zwischen Testkammer und Architektur. Nur mit Schwierigkeiten, sozusagen auf dem Boden krauchend, ist das Modell an- und einsehbar. All das gehört zum Konzept des 34-jährigen Berliners, der den „Kunstraum als Labor“ baut und reflektiert. Dieses Labor ist schon in seiner Konstruktion Teil der „Versuchsanordnung I“ – so der Titel der Ausstellung.

Ganz spielerisch gibt sich Oliver van den Berg im Kellerraum der Galerie. Seine „Ballonorgel“ lässt graue Luftballons aufsteigen: Per Knopfdruck setzt der Galeriebesucher einen Pumpmechanismus in Gang, automatisch führt ein Gummiband einen Luftballon zur Düse, er wird aufgeblasen und mechanisch zum kurzen Flug freigelassen. Ein süffisanter Kommentar zu der schnellen jungen Kunst, die mitunter nach dem Prinzip eines Durchlauferhitzers funktioniert?

Der erste Ballon am Morgen platzt regelmäßig, wohl weil die Technik sich erst warm laufen muss. Dann aber hält das Gummi, verliert jedoch schnell die Luft und sinkt zu Boden. Dort bilden die Ballons ein graues Muster. Manche liegen flach und leer herum, andere halten noch ein bisschen Luft und sehen wie kleine seltsame Tierchen aus. „Besser man tritt drauf, eh sie einen womöglich noch beißen“, scherzt die junge Frau am Tresen. Vielleicht hat uns genau das Oliver van den Berg humorvoll mit seiner „Ballonorgel“ bescheren wollen: Endlich mal Kunst, die man ruhigen Gewissens mit Füßen treten kann.

Bis 9. Juni, Di.–Fr. 11–18; Sa. 11–17 Uhr, Kuckei + Kuckei, Linienstraße 158, Mitte