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: In Cardiff spielen Liverpool und Arsenal um den Cup

Das walisische Problem

Ein englisches Pokalfinale war schon immer etwas Besonderes. Es war der Höhepunkt zum Ende der Saison, wenn 22 englische Fußballer in der aufgeladenen Atmosphäre im Londoner Wembley-Stadion um den Cup spielten, der fast genauso angesehen war wie die Meisterschaft.

Seit der europäische Verband Uefa den Europapokal der Pokalsieger abgeschafft hat, ist der Landes-Pokalwettbewerb etwas entwertet. Hinzu kommt, dass heute, wenn der FC Arsenal und der FC Liverpool im Endspiel gegeneinander antreten, noch zwei Spieltage der englischen Liga ausstehen. Das Finale findet darüber hinaus nicht in England statt, sondern in der walisischen Haupstadt Cardiff, weil das Wembley-Stadion abgerissen und neu aufgebaut wird. Und von den 22 Spielern ist nur die Hälfte englisch, beide Trainer stammen aus Frankreich.

Es ist fast auf den Tag genau 30 Jahre her, dass sich Arsenal und Liverpool zum letzten Mal in einem Pokalfinale gegenüber standen. Arsenal gewann 2:1 in der Verlängerung. Damals spielte Pat Rice als rechter Verteidiger bei Arsenal. Der Ire ist der einzige Fußballer, der in fünf Pokal-Endspielen für dieselbe Mannschaft angetreten ist. Heute ist er Assistent von Trainer Arsène Wenger. „Wenn jemand 1971 vorausgesagt hätte“, sagt Rice, „dass zwei englische Teams mit französischen Trainern ins Endspiel kommen, hätte man ihn für verrückt erklärt.“

Doch die Zeiten haben sich geändert. Seit Medienzar Rupert Murdochs Sky Television Phantasiesummen für die Übertragungsrechte zahlt, können es sich die Clubs leisten, den europäischen Markt nach den besten Spielern abzugrasen. Früher gingen Englands Top-Spieler nach Italien, Spanien oder nach Deutschland, heute kämpfen sie in der Heimat mit Italienern, Franzosen, Brasilianern und Deutschen um die Stammplätze. Deshalb spielen die englischen Vereine in den europäischen Wettbewerben eine führende Rolle, während die Nationalmannschaft nur noch Durchschnitt ist.

Die Statistik spricht für Arsenal: Jedesmal, wenn der FC Chelsea, Pokalsieger 2000, den Pokal holte, gewann ihn Arsenal im darauf folgenden Jahr. Und Arsenal hat noch nie in einem Finale gegen Liverpool verloren. Aber vielleicht kommt auch das „walisische Problem“ für den Londoner Club zum Tragen. Bei ihrem letzten Auftritt in Wales verlor Arsenal als Pokalverteidiger 1992 in der dritten Runde gegen Wrexham. Und Arsenal hat auch dafür gesorgt, dass der Pokal ein einziges Mal England verließ: 1927 besiegte Cardiff den haushohen Favoriten aus London im Endspiel.

So lange wie 1980 wird es heute jedenfalls nicht dauern, bis ein Sieger feststeht. Damals spielten beide Vereine im Pokal-Halbfinale gegeneinander. Nach acht Stunden hatte Arsenal endlich gewonnen. Entscheidungen durch Elfmeterschießen waren noch verpönt, und drei Mal endete das Spiel unentschieden nach Verlängerung. RALF SOTSCHECK