Eine Geschichte der Fehler

Berlin Thunder verdirbt mit einem 23:17-Erfolg dem Rhein-Fire-Kicker Manfred Burgsmüllereinen rekordverdächtigen Abend und kann nun selbst wieder auf die World Bowl hoffen

von THOMAS WINKLER

Die einen machen viele Fehler, die anderen zu viele. Die einen gewinnen, die anderen verlieren. Es war, wie so oft im Football, eine Geschichte der Fehler, die das Spiel entscheiden. Vor allem ein enges Spiel. Und eng ging es zu am Samstag im Jahn-Stadion, als Berlin Thunder auf Düsseldorf Rhein Fire, immerhin den amtierenden Meister der NFL Europe League, traf. Am Ende stand ein 23:17-Erfolg der erste Heimsieg der Berliner in diesem Jahr, der wohl schon zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison das Ende aller Titelverteidigungsträume von Fire bedeutet und Thunder, nun mit einer ausgeglichenen Bilanz von zwei Siegen und zwei Niederlagen, auf den zweiten Tabellenplatz hinter den bislang ungeschlagenen Branchenprimus Barcelona Dragons hievte.

Danach hatte es lange Zeit nicht ausgesehen. Die Berliner Verteidigung wurde von den Düsseldorfern regelmäßig weit in die eigene Hälfte gedrängt. Zum Glück für Thunder konnte der Gegner daraus kein Kapital schlagen. „Fehler und unnötige Strafen“, so Fire-Headcoach Pete Kuharchek, sorgten dafür, dass immer wieder die entscheidenden Yards fehlten. So stand es am Ende einer von den Verteidigungsreihen dominierten, eher langweiligen ersten Hälfte 6:3 für Berlin.

Trotzdem war Geschichte geschrieben worden. Fire-Kicker Manfred Burgsmüller, mit seinen 51 Jahren der älteste Football-Profi aller Zeiten, hat dank seines Field Goals nun so viele Punkte erzielt in der mittlerweile zehnjährigen Geschichte des NFL-Ablegers wie kein anderer. Eine Tatsache, die der ehemalige Fußballprofi eher sarkastisch kommentierte: „Mir wäre lieber, wir hätten das Spiel gewonnen.“

Sein Gegenüber Axel Kruse hatte zwar sichtbar bessere Laune. Seine Mannschaft, bei der er in den Tagen vor dem Spiel noch die Mentalität eines „Barbecue-Teams“ diagnostiziert hatte, spielte zumindest konzentrierter als der Gegner. Vor allem nach der Halbzeitpause, als die Sonne hinter der Gegentribüne verschwand und das Spiel wesentlich offener verlief.

Vor allem der Berliner Quarterback Jonathan Quinn wurde endlich der penetrant dröhnenden Einspielung des Rock-Oldies „Mighty Quinn“ gerecht. Anschließend lobte ihn sein Headcoach Peter Vaas ausdrücklich dafür, den Ball an so viele Passempfänger verteilt zu haben. Gleich neun verschiedene Spieler fingen Pässe von Quinn. Der erfolgreichste von ihnen war wieder einmal Wide Receiver Ahmad Merritt. Der 24-Jährige, den die Chicago Bears nach Berlin geschickt haben, hatte viermal zugegriffen und vor allem zehn Minuten vor Schluß den entscheidenden Touchdown erzielt.

Da hielt es das zuvor leicht apathische Publikum nicht mehr auf den Sitzen. So begeistert war Merritt von dieser Stimmung, dass er gar von „einer großen Rivalität zwischen Berlin und Rhein“ gehört haben wollte, wo doch eher die Fanfreundschaft zwischen den beiden Franchises besonders ausgeprägt ist. Tatsächlich saßen selbst die Hardcore-Fans beider Teams friedlich gemischt und jubelten gemeinsam über jede gelungene Aktion beider Mannschaften. Von denen gab es einige in Halbzeit zwei.

Das Problem von Rhein Fire blieb, dass zu viele von ihnen von Fouls und anschließenden Strafen wieder zunichte gemacht wurden. Als der Berliner Kick Returner Rodnick Phillips kurz vor der eigenen Endzone den Ball verlor, pfiffen die Schiedrichter den Spielzug ab wegen eines falschen Starts der Düsseldorfer beim Anstoß. Hier hätte das Spiel kippen können. Am Ende hatte sich Fire acht Strafen für mehr als 90 Yards Raumverlust eingefangen, mehr als ihre Running Backs erlaufen konnten.

Die Fehler hatten das Spiel entschieden. Diesmal hatte Berlin weniger gemacht. Aber weil das kommenden Samstag beim Heimspiel gegen Frankfurt Galaxy schon wieder anders sein kann, wollte sich wohlweislich auch kein Thunder-Akteur zu den Chancen der Berliner äußern, die World Bowl, das Endspiel der NFL Europe, zu erreichen.

Stattdessen arbeitete Coach Vaas weiter an seiner Reputation als Herberger des Football: „Jeder Sieg ist wichtig, und dieser macht das nächste Spiel nur noch wichtiger.“