Es ist wie ein Gespräch

■ Zum Konzert: Ein Interview mit Esbjörn Svensson vom gleichnamigen Trio

„We come from Stockholm.“ Mit diesem lapidaren Satz pflegt Es-björn Svensson sein Trio vorzustellen. Viele Worte will der junge schwedische Jazzpianist am liebs-ten gar nicht machen um seine Musik, sie steht für sich, wie er betont. Dennoch war ihm einiges über sein musikalisches Konzept, die dauernde Veränderung des Materials, die Zusammenarbeit mit Kindheitsfreunden und die Nachteile allzu perfekter Instrumente zu entlocken.

taz hamburg: Mit „Jazz from Scandinavia“ ist ein bestimmter Sound verbunden, siehe die Platten von Jan Garbarek oder Terje Rypdal. Sehen Sie sich in dieser Linie?

Esbjörn Svensson: Was den berühmten nordischen Sound angeht: Ich glaube, das ist uns in Skandinavien gar nicht so bewusst. Wir spielen einfach, darum geht es uns. Aber ich denke, mein Trio hat schon einen skandinavischen Sound, ohne dabei wie Jan Garbarek zu klingen.

Besteht für Sie ein großer Unterschied zwischen den Plattenaufnahmen und der Live-Interpretation?

Aber ja, die Songs ändern sich fortlaufend, sie machen eine grundlegende Veränderung durch. Aber es fängt ja bereits im Studio an: Was man letztlich zu hören bekommt, ist doch nur eine Version eines Songs von vielen anderen, von der wir annehmen, dass es der beste Take war.

Sie scheint eine langjährige Freundschaft mit Ihren Mitspielern Dan Berglund und Magnus Öström zu verbinden. Wie wichtig ist ein solch intensiver Kontakt für die gemeinsame Musik?

Es bedeutet sehr viel. Wenn man bedenkt, dass Magnus und ich zusammen aufgewachsen sind, dann sagt das eigentlich schon alles. Was die musikalische Sprache angeht, braucht es nicht viel Worte. Wir haben die gleichen Einflüsse und Bezüge, wir können einfach loslegen und uns ganz auf das Spiel konzentrieren. Wir arbeiten so viel und intensiv, dass unser gegenseitiges Verständnis manchmal fast schon an Telepathie grenzt.

Wie verläuft denn die Kommunikation live untereinander, wie verständigt man sich konkret?

Es ist wie ein Gespräch. Man hört zu und sagt etwas zur Sache, macht eine Bemerkung, um dann vielleicht irgendwann zu einer langen Rede anzuheben (lacht)! Aber im Grunde ist es ein Austausch, eine Unterhaltung. Aber ich bin nun einmal der nominelle Leiter dieser Band, und so liegt es, von einigen Ausnahmen abgesehen, an mir, die eröffnenden „Worte“ zu finden.

Sie kommen mittlerweile weit herum mit dem Trio, müssen vermutlich auch in Clubs mit minderwertigen Instrumenten vorlieb nehmen. Wie gehen Sie mit diesen Problemen vor Ort um?

Sagen wir's so: Manchmal kann es dazu führen, dass dieses vermeintliche Handicap sich als Glücksfall erweist. Es ist nämlich schon vorgekommen, dass solche Pianos etwas ganz Neues, Unvorhersehbares zur Musik insgesamt beigetragen haben. Jedes Instrument hat seinen eigenen Charakter, und wenn ich nun in einen solchen Club komme und finde ein schlechtes Klavier vor, versuche ich immer, das Beste daraus zu machen. Das kann durchaus schon mal in Richtung Rock'n'Roll oder Blues gehen. Auch der beste Steinway-Flügel kann gar nichts von einem Bluesfeeling haben, dazu ist er viel zu kultiviert, zu perfekt. Es inspiriert auf jeden Fall, manchmal mit einem schlechten Instrument konfrontiert zu werden.

Saxofonisten sind ständig auf der Suche nach dem passenden Mundstück, Gitarristen quälen sich jahrelang mit Verstärkerproblemen, um irgendwann einmal ihren eigenen Sound zu verwirklichen. Wie ist das mit Ihnen – halten auch Sie Ausschau nach dem einzigen, dem „wahren“ Sound?

Natürlich achte ich auf meinen Sound, aber das hängt nicht damit zusammen, in welcher Intensität man die Tasten bedient. Die Frage ist doch vielmehr, wie spiele ich die Musik, wie fasse ich sie auf? Ich achte auf das Timing, auf die richtigen Noten an der passenden Stelle, auf den ganzen rhythmischen Komplex. Wenn das Verständnis dieser Dinge auf einmal zusammenkommt – und das geschieht sogar manchmal (lacht) – dann habe ich das Gefühl, ja, das ist es, ich bin dort angelangt. Aber damit ist ja noch lange nicht gesagt, ob es auch im Verbund mit den anderen beiden klingt. Mir müssen dann sehen, dass wir gemeinsam die Musik zum Klingen bringen. In der Hinsicht gebe ich gerne zu, dass ich noch immer auf der Suche nach dem richtigen Sound bin.

Interview: Tom Fuchs

heute, 21 Uhr, Fabrik