Großeinsatz in der Feldstraße

■ Eine „Geiselnahme“ erregte gestern das „Viertel“: Eine 26-Jährige Frau mit psychischen Problemen hielt eine Bekannte gefangen und bedrohte sie mit einem Küchenmesser

Die schnuckelige Feldstraße im Bremer „Viertel“ sah gestern Vormittag aus, als würde ein Tatort gedreht: Maskierte Polizisten in schusssicheren Westen umstellen den Eingang zum Eckhaus an der Herderstraße. Feuerwehrleute halten ein Sprungtuch bereit, Polizeiwagen blockieren die enge Straße. AnwohnerInnen werden von PolizistInnen am Durchkommen gehindert und müssen hinter den Absperrbändern in Höhe Besselstraße und Keplerstraße ausharren. Auf diesen steht deutlich „Polizeiabsperrung“. Kein Film.

Was denn los sei, wollen einige Passanten wissen. „Geiselnahme,“ sagen die Presseleute, eine Frau bedrohe eine andere Frau mit einem Messer. „Die ganze Aufregung wegen zwei Muschis?“ wundert sich ein Mann. Ein älterer Mann kommentiert den Polizeieinsatz: „Ist das hier immer noch alles wegen der blöden Weiber?“ Woher wissen die männlichen Pasasanten gleich, dass es sich um „blöde Weiber“ handeln muss? „Na, wenn die sich gegenseitig abstechen!“

Niemand wurde abgestochen und auch von einer „Geiselnahme“ könne man nicht sprechen, „da diese mit Forderungen verbunden sein muss“, relativierte ein Polizeisprecher. Nach seiner Darstellung hat sich gestern vormittag in dem zweistöckigen Haus über der Kneipe „Feldschlösschen“ Folgendes abgespielt: Um 8.30 Uhr hatte eine Hausbewohnerin die Polizei alarmiert und gemeldet, eine 26-Jährige habe sich seit den frühen Morgenstunden mit einer 40-jährigen Frau in einem Zimmer eingeschlossen und bedrohe sie mit einem Kartoffelschälmesser. Als Grund vermutete die Polizei vor Ort zunächst „Beziehungsschwierigkeiten im weitesten Sinne“. Die Tatverdächtige hätte wohl „geistige Probleme“ und sei schwer einzuschätzen. Später hieß es, die 26-Jährige hätte sich laut Zeugenaussagen bereits vorher in einem psychisch instabilen Zustand befunden, der sich zunehmend verschlechterte. Die 40-jährige Wohnungsbesitzerin hatte die jüngere Frau nur bei sich übernachten lassen, weil diese versprochen hatte, einen Arzt aufzusuchen.

Die Polizei bemühte sich zunächst um Verhandlungen. Während unten auf der Straße das bewaffnete Sondereinsatzkommando (SEK) das Schlimmste befürchten ließ, redete vor der Wohnung im zweiten Stock ein Verhandlungsteam durch die geschlossene Tür auf die „tatverdächtige“ Frau mit dem Kartoffelmesser ein.

Die Frau habe zunächst ärztliche Hilfe für sich verlangt, sei aber nicht bereit gewesen, auf die Forderungen der Polizei einzugehen. „Ihr wurden Zeiten genannt, zu denen sie die Tür öffnen sollte.“ Nachdem sie diese nicht eingehalten habe, beendete die Polizei nach einer Stunde die Verhandlungen.

Gegen 11.15 Uhr brachen Beamte des SEK die Tür auf und überwältigten die Frau, teilte der Sprecher mit. Durch Glassplitter sei die Geschädigte leicht am Handgelenk verletzt worden. Die Tatverdächtige wurde sofort festgenommen. Nach ihrer Vernehmung wurde sie zwangsweise ins Krankenhaus eingewiesen, so die Polizei. Ihr Opfer habe noch unter Schock gestanden und konnte gestern nicht mehr vernommen werden. Eiken Bruhn