Verbauter Durchblick

■ Europa-Passage: Lohnt sich die Zerstörung des Innenstadt-Grundrisses?

Die geplante „Europa-Passage“ zwischen Ballindamm und Mön-ckebergstraße hat bei einer Anhörung der Bezirksversammlung Mitte am Donnerstagabend zu heftigen Kontroversen geführt. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, ob die Hermannstraße unterbrochen und damit das „Kunstwerk Hamburg“, das mit dem Aufbauplan nach dem Großen Brand von 1842 entstand, beschädigt werden dürfe.

Die Allianz aus Landesbank und der Firma Garbe will auf dem Areal, das nördlich und südlich von der Paul- und der Bergstraße begrenzt wird, für rund 800 Millionen Mark eine fünfstöckige Einkaufswelt schaffen. Mit einer Geschossfläche von 110.000 Quadratmetern – davon 20.000 für Büros – würde sie die Verkaufsfläche der City um knapp ein Drittel vergrößern.

Für Oberbaudirektor Jörn Walter kein Problem. Im Gegenteil: Die fünfstöckige Passage werde durch ihre Großzügigkeit KundInnen in Scharen in die Innenstadt locken und damit einen zweiten BesucherInnen-Schwund wie in den 90er Jahren verhindern. Städtebaulich verbessere sie zum einen die Verbindung zwischen der Mö und den Passagen am Jungfernstieg. Zum anderen stärke sie die Nord-Süd-Verbindung zur Hafencity.

Der Preis dafür wäre die Zerstörung des Durchblicks vom Rathausmarkt zur Kunsthalle. Außerdem die Zerstörung zweier denkmalgeschützter Häuser und der Kontorhaus-Fassaden in der Hermannstraße. Walter fand, das wäre zu verschmerzen, zumal die Hermannstraße ihre Funktion nach dem 1842er Plan, die Anbindung der neuen östlichen Stadtviertel, verloren habe.

Der Architekt Gerhard Hirschfeld kritisierte, dass die Pläne nicht breit öffentlich diskutiert worden seien und kein Architektur-Wettbewerb stattgefunden habe. Hier werde die spezifische „politische Ikonographie“ Hamburgs zerstört, meinte der Kunsthistoriker Hermann Hipp. Eine wohlgeordnete Komposition öffentlicher Bauten und Plätze werde der Ökonomie unterworfen. Gernot Knödler