Die Stille nach Sturm und Drang

■ Die Grauen Panther Hamburg e.V. feiern ihr 20-jähriges Bestehen. Die Zeiten des Aufstandes liegen lange hinter ihnen.

„Keine Militarisierung des Zivildienstes – Abschaffung der Wehrpflicht“, steht in dicken roten Buchstaben auf einem weißen Bettlaken. Ein neues Plakat, das an alte kämpferische Tage der Grauen Panther Hamburg erinnert. Gestern feierte der Verein seinen 20. Geburtstag. Hervorgegangen sind die Grauen Panther aus einem Frauenstammtisch, weswegen auch heute noch die meisten Mitglieder Frauen sind. „In den ersten Jahren waren wir spontan und spektakulär“, erinnert sich Inge Görig. Inzwischen jedoch bleibe die Arbeit, wie in den meisten Vereinen, auch hier an wenigen hängen. Im Laufe der Jahre habe sich Enttäuschung eingestellt. „Es ist still um uns geworden“, sagt sie. Vor allem in der Anfangspahse, hätten die Grauen Panther viel erreicht. Damals gab es die Demonstrationen gegen den Pflegenotstand und die Forderung, sechs Bett-Zimmer in den Heimen abzuschaffen.

Aber die Grauen Panther wollten sich nie darauf beschränken, eine Lobby der Alten zu sein. Edith Halves erinnert sich an Friedensde-monstrationen und die Solidarisierung mit den Bewohnern der Hafenstraße. Die 80er seien die „Sturm-und- Drang-Phase“ der Panther gewesen. „Es hat mich fasziniert wie damals Alt und Jung, gebildete und weniger gebildetete Menschen gleichberechtigt zusammengearbeitet haben.“ Die Soziologin kam mit 22 Jahren zu den Grauen Panthern. „In letzten Jahren“, so stellt auch sie fest, „macht sich ein Gefühl des Stillstandes breit.“

Das Aushängeschild des Vereins sind heute die generationenübergreifenden Wohnprojekte. Das Pantherhaus in St. Pauli wurde 1986 als erstes gegründet. 1993 kamen Wohnungen in St. Georg dazu und zwei Jahre später konnte die Hausgemeinschaft Harburg bezogen werden. „Es sind Orte, die den Mitgliedern Möglichkeiten bieten, weiter am sozialen Leben teilzunehmen“, sagt Halves. Aber die Projekte bedeuten auch einen großen organisatorischen Aufwand. „Immer wieder haben Menschen kalte Füße bekommen und sind kurz vor dem Einzug wieder abgesprungen“, weiß Halves. Oft sei die Finanzierung der Wohnungen unsicher gewesen. „Die Projekte nehmen Zeit in Anspruch, die uns für andere Themen fehlt“, findet sie. Außerdem könne man auch nicht 20 Jahre lang demonstrieren.

Ratlosigkeit herrscht unter den altgedienten AktivistInnen. „Uns fehlen einfach die jungen Leute“, sagt eine. „Die Gesellschaft hat sich verändert, wo ist denn die Anti AKW Bewegung, wo ist denn die Frauenbewegung ?“, fragt Inge Görig sich und andere.

Die Jubiläumsfeier soll aber nicht nur dazu dienen, alten Zeiten nachzutrauern. An Themen, die es Wert sind angepackt zu werden, mangelt es dem Verein nicht. Zum Beispiel das Auseinanderleben der Generationen oder die Isolation im Alter. „Im Grunde“, meint Halves, „müssen die Alten noch einmal die Kraft aufbringen, neue Themen zu besetzten.“ Ihre große Hoffnung ist, dass jüngere Mitglieder gewonnen werden, die das Ruder übernehmen können. Michaela Soyer