Ferien naturnah, für immer!

„Verzichtforderungen sind nicht intelligent.“ Dr. Wolf Michael Iwand, Leiter des Bereichs Touristisches Umweltmanagement bei der Preussag (TUI), setzt auf den Nutzen der Ökologie für die Ökonomie

„Meine Vision sieht Tourismus als größte Naturschutzorganisation der Welt. Die ganze Welt eintouristisches Paradies. Unsere Arbeit wäre es, Ferien zu machen – um damit Natur und Umwelt zu schützen.“

von CHRISTEL BURGHOFF

taz: Die TUI gehört jetzt zum Preussag-Konzern, und der ist Tourismus-Weltmarktführer. Hat sich Ihr Aufgabenspektrum dadurch erweitert?

Dr. Wolf Michael Iwand: Ja, ganz klar. Denn der Bereich Umweltmanagement hat organisatorisch eine Zentralfunktion und ist in den Unternehmenszielen der Preussag festgeschrieben.

Anlässlich des Jahrs des Ökotourismus, das die Vereinten Nationen für 2002 ausgerufen haben, gehen die NGOs zum Engagement der Reiseveranstalter auf Distanz. Sie wollten die letzten Naturressourcen erschließen, heißt es.

Der Exekutivdirektor für das Umweltprogramm der Vereinten Nationen, Unep, ist Klaus Töpfer, der frühere deutsche Umweltminister. Dass ein Mann wie er nun in seiner Verantwortung für die UN und dabei in erster Linie für die Entwicklungsländer im nachhaltigen Tourismus bedeutende Zukunftspotenziale sieht, ist durchaus bemerkenswert. Jedenfalls sind die Unep und die WTO Hauptmotoren für das Jahr des Ökotourismus. Innerhalb der Tour Operators Initiative for Sustainable Development sind wir direkter Partner von Unep, Unesco und WTO, Partner, die sich gegenseitig zur Nachhaltigkeit verpflichtet haben.

Was ist mit der Erschließung der Naturressourcen?

In der bisherigen Praxis werden wir als Veranstalter nur in bereits erschlossenen Gebieten aktiv. Dort setzen wir uns um so intensiver mit dem Thema Sicherung oder Rückgewinnung der biologischen Vielfalt auseinander.

Welche Verbesserungen haben sie bisher konkret erreicht?

Zum Beispiel beim Wassermanagement. Der Wasserverbrauch sinkt, das Abwasser wird besser gereinigt und es wird wiederverwendet; beim Abfall- oder Energiemanagement, der Vermeidung von Lärm oder dem Verzicht auf Chemikalien bis hin zur Hotelzertifizierung; beim Umgang mit Garten- und Grünanlagen, der Gästeinformation und der Entwicklung von ökologischen Angeboten: ob im Nahverkehr oder bei den Ausflügen, in der Zusammenarbeit mit Umweltverbänden und lokalen Gruppen, bei der Unterstützung von öffentlichen Anliegen bis hin zur Teilnahme an der lokalen Agenda 21. Aber bis dahin war es ein langer Weg.

Sie pflegen die touristische Oase. Es wird geputzt, geschafft, geräumt, damit es der Urlauber so schön hat wie daheim?

Alles, was den Kunden im Urlaub glücklich macht, spielt sich in erster Linie im Hotel ab. Deswegen setzen wir auch ökologisch hier an.

Und wenn der Tourist den Fuß aus der Tür setzt?

Dann werden die Dinge zugegebenermaßen schwieriger. Es existiert eine „ökologische Lücke“ – auf der einen Seite die mit wachsender ökologischer Verträglichkeit der Hotels steigende Zufriedenheit der Gäste, auf der anderen Seite die Defizite im öffentlichen Raum. Dieses Problem wird von mir an allen unseren Urlaubsorten angemahnt, und es wird Abhilfe eingefordert.

Was lässt sich von Chefetagen aus tatsächlich für die Umwelt machen?

Umweltschutz ist Chefsache. Es war ein Vorteil, dass ich von Anfang an von einer hierarchisch hohen Position aus wirken konnte, deren Freiraum ich von meiner Seite beansprucht habe, so weit er unternehmensverträglich ist.

Ein Überzeugungstäter sind Sie nicht?

Was heißt „Täter“? Sie müssen das Unternehmen davon überzeugen, dass Umweltmanagement zum eigenen Nutzen ist.

In Mecklenburg-Vorpommern wurde jetzt der erste deutsche Robinson Club gebaut. Und nirgends auch nur eine Solarzelle.

Erneuerbare Energien sind in der Tat das attraktivste Feld, um Umweltverträglichkeit auch optisch in Szene zu setzen, gerade für „aufgeklärte“ deutsche Urlauber. Ich sehe hier ein gewaltiges Zukunftspotenzial.

Woran hat es dann in Mecklenburg gehapert?

An der Sonne!

Auf Mallorca wird zurzeit um eine Ökosteuer für Touristen gerungen. Wie stehen Sie dazu?

Ich frage mich, warum die Ökosteuer nur von Urlaubern und nur von denen erhoben werden soll, die in Hotels übernachten – und nicht von jedem, der nach Mallorca fährt oder dort lebt. Die Einheimischen haben das ganze Jahr über Vorteile von einer geschützten Natur, die Urlauber in der Regel nur 12 oder 14 Tage. Vor allem aber bedeutet der Begriff „Ökosteuer“ für mich zwingend, dass der Steuerertrag der Ökologie zugute kommt.

Die Steuer war eine klare demokratische Entscheidung.

Das bezweifle ich nicht. Wenn mir vorher nicht mit Brief und Siegel versichert wird, was mit der Ökosteuer gemacht wird, gebe ich mich nicht dafür her.

Wer, wenn nicht die Politik, sollte ökologische Standards setzen? Oder meinen Sie, dass Ökologie eine Marktangelegenheit ist?

Im Idealfall durchaus. Alle ökologischen Aktivitäten der TUI sind im weitesten Sinne freiwillig und gehören zu den Selbstverpflichtungen eines Unternehmens. So sind Ökostandards viel einfacher zu realisieren. Ob sie ausreichen, wäre wieder eine Frage der Überprüfung.

Was haben Sie für die Zukunft vor?

Ich glaube, dass unser Hebel immer größer wird, um die europäischen Quellmärkte mit den Umweltzielsetzungen der TUI vertraut zu machen. Die Frage ist, wie schnell unsere Prinzipien in anderen europäischen oder außereuropäischen Märkten umgesetzt werden

Was halten Sie von Verzichtsforderungen?

Verzicht ist einfach nicht intelligent genug, um erfolgreich zu sein.

Wieso?

Die Menschen wehren sich gegen negative Botschaften! Man muss sie aber gewinnen. Sie sehen dies an „Viabono“, der neuen Umwelt-Dachmarke im Tourismus. Auch das läuft unter dem Nutzenaspekt für den Urlauber „Natur, Genuss, Sicherheit, Gesundheit“. Insofern ist Verzicht kein Erfolgsfaktor.

Sondern?

Meine Vision sieht Tourismus als größte Naturschutzorganisation der Welt. Die ganze Welt könnte ein touristisches Paradies sein. Unsere Arbeit wäre es, Ferien zu machen – um damit Natur und Umwelt zu schützen. Das wäre für mich das Schönste!

Dr. Wolf Michael Iwand ist Bereichsleiter Umwelt bei der Preussag AG. Er ist verantwortlich für alle touristischen Aktivitäten des Preussag-Konzerns, in erster Linie für das Destination- und Hotelmonitoring, das heißt die Überprüfung der touristischen Zielgebiete und Hotels nach Umweltkriterien.