Konkurrenz hat Nachsehen

BGH erlaubt Internetadressen mit Gattungsbegriffen: „Mitwohnzentrale.de“ ist kein Wettbewerbsverstoß. Rechtmäßigkeit von Domain-grabbing weiterhin ungeklärt

FREIBURG taz ■ Cleverness wird belohnt. Wer sein Unternehmen im Internet unter einem Gattungsbegriff anmeldet, handelt nicht „unlauter“. Dies entschied jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Grundsatzurteil.

Konkret ging es um die Internet-Adresse (Domain) „Mitwohnzentrale.de“, die sich ein Verband mit 25 lokalen Mitwohnzentralen gesichert hatte. Ein konkurrierender Verband mit 40 angeschlossenen Wohnungsvermittlungen sah darin eine unzulässige „Kanalisierung von Kundenströmen“. Wer auf gut Glück einfach den Gattungsbegriff „Mitwohnzentrale“ als Internetadresse eingebe, lande immer bei der Konkurrenz, so die Klage, und unterlasse dann aus Bequemlichkeit oft einen Leistungsvergleich mit den anderen Unternehmen, die im Internet unter „HomeCompany.de“ firmieren.

Darin konnte der BGH nun aber keinen Wettbewerbsverstoß erkennen. Es sei nicht verboten, sich bei der Nutzung neuer Technologien Vorteile zu schaffen. Das alte Rechtsprinzip „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ gelte auch im Internet, erläuterte der Vorsitzende Richter das Urteil.

Auch der Verbraucherschutz erfordert nach Auffassung des BGH kein staatliches Einschreiten. Im Allgemeinen sei sich ein Internetnutzer, der direkt einen Gattungsbegriff als Internetadresse eingibt, über die Zufälligkeit dieser Suchmethode im Klaren, so Erdmann. Wer einen breiteren Überblick über das Angebot haben wolle, müsse eben eine Suchmaschine benutzen.

Unzulässig wäre es nach BGH-Ansicht nur, wenn bei Kunden, die mit der Gattungsadresse angelockt wurden, der irreführende Eindruck einer „Alleinstellung“ erweckt würde. Dies könnte aber schon dadurch verhindert werden, dass auf der Homepage „Mitwohnzentrale.de“ auf die Existenz konkurrierender Verbände hingewiesen wird.

Der BGH korrigierte damit ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamburg, das in der Verwendung von Gattungsadressen als Internetdomain eine Verfälschung des Wettbewerbs gesehen hatte. Die BGH-Entscheidung ist von großer praktischer Bedeutung. In Deutschland nutzen unzählige Anbieter einprägsame Internetadressen wie „auto.de“ oder „reise.de“.

In einer weiteren Entscheidung erleichterte der BGH die Arbeit des Deutschen Network Information Center (Denic), das die Internetadressen mit der Endung „.de“ vergibt. Das Denic müsse bei der Registrierung grundsätzlich nicht prüfen, ob an der eingetragenen Bezeichnung Rechte Dritter bestehen. Wer mit einer Registrierung nicht einverstanden sei, müsse erst den eingetragenen Nutzer verklagen und könne dann mit dem vollstreckbaren Urteil in der Hand das Denic zur Löschung auffordern. Nur so könne das Denic seine Aufgabe weiterhin mit „verhältnismäßig geringem Aufwand“ erledigen.

Auf ein Grundsatzurteil zum missbräuchlichen Reservieren von Internetadressen, dem „Domain-grabbing“, muss die Internetwelt allerdings weiter warten. Das Verfahren wurde kurzfristig abgesagt. Az. 1 ZR 251 / 99

CHRISTIAN RATH