Alt wie ein Baum, Genosse!

Was ist die PDS? Ein Ort zum Wohlfühlen mit vielen Leuten über 70. Laut einer Studie kämpft die Partei vor allem mit zwei Problemen: Überalterung und Mitgliederverluste

BERLIN taz ■ Nachdem sich Gabi Zimmer, die PDS-Chefin, und Petra Pau, ihre Stellvertreterin, vor vier Wochen für die Zwangsvereinigung von KPD und SPD entschuldigt hatten, brach an der Parteibasis ein Sturm der Entrüstung los. Auf die Frage, wie viele Genossen am Tag nach dieser Versöhnungsgeste aus der PDS ausgetreten seien, antwortete ein Mitglied der Parteiführung fast ungerührt: „Auch an diesem Tag sind wieder mehr Genossen gestorben als ausgetreten.“

Mit diesem lakonischen Satz ist eines der größten Probleme der PDS präzise umrissen: Sie hat mit Überalterung und Mitgliederverlusten zu kämpfen. Das ist auch eines der wichtigsten Ergebnisse einer vom Parteivorstand in Auftrag gegebenen Studie zur PDS-Mitgliedschaft. Für die Studie, die gestern vorgestellt wurde, sind vom Hallenser Fokus-Institut im vorigen Jahr 2.400 Parteimitglieder befragt worden. Das niederschmetternde Ergebnis: Die PDS hat allein in den letzten drei Jahren 10.000 Mitglieder verloren; insgesamt hat sie derzeit 84.000. Rund zwei Drittel davon sind über 60 Jahre alt. Im Osten ist fast jeder zweite Genosse älter als 70.

Für eine stabile Entwicklung so schätzt die Parteiführung, bräuchte die PDS in den nächsten acht Jahren rund 3.500 Parteieintritte pro Jahr. Gegenwärtig treten innerhalb eines Jahres aber nur 2.500 Genossen in die PDS ein. Wenn diese Entwicklung anhalte, räumte Gabi Zimmer gestern ein, drohe der Partei ein Verlust an breiter politischer Handlungsfähigkeit.

Wie es sich aber gehört, lesen die Parteichefin und ihr Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch in der Studie vor allem positive Zahlen: Die PDS sei nach wie vor die mitgliederstärkste Partei im Osten. Bundesweit liege sie noch vor der FDP und den Grünen auf Platz drei, das gelte auch für die Gruppe der unter 30-Jährigen. Sie habe von allen Parteien mit 45 Prozent den höchsten Anteil an Frauen. Die PDS-Mitgliedschaft sei nach wie vor sehr aktiv, auch wenn die Basisstrukturen langsam wegbrächen.

Viele Genossen haben eine sehr starke Bindung an ihre Partei. Die Studie bestätigt eindrucksvoll die altbekannte These, dass die PDS weniger eine Partei, sondern mehr eine Wärmestube ist. Über 90 Prozent der Mitglieder bezeichnen die PDS als einen „Ort, wo ich mich wohl fühle“. JENS KÖNIG

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