Geld. Ab Sommer. Versprochen

Mehrheit im Bundestag will jetzt Rechtssicherheit feststellen und sofort mit den Auszahlungen für Zwangsarbeiter beginnen. Druck auf die deutsche Wirtschaft wächst. Aber Kanzler sucht noch Konsens. Regierungsbeauftragter Lambsdorff optimistisch

BERLIN taz ■ Nach der Abweisung der Sammelklagen gegen deutsche Banken in New York geht die Bundesregierung davon aus, dass die Entschädigung früherer NS-Zwangsarbeiter noch im Sommer beginnen kann. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte gestern in Berlin, „in enger Kooperation mit der Wirtschaft“ solle noch vor der Sommerpause Rechtssicherheit festgestellt werden. Auch der Regierungsbeauftragte Otto Graf Lambsdorff zeigte sich „sicher, dass wir den Auszahlungstermin vor der Sommerpause erreichen“. Die Wirtschaft betonte dagegen erneut, dass zunächst weitere anhängige Klagen in den USA geklärt werden müssten. Das neue Urteil reiche nicht.

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) sowie Vertreter von SPD, Grünen und Verbänden forderten die Wirtschaft auf, ihren Widerstand gegen die Auszahlung aufzugeben.

Das New Yorker Berufungsgericht hatte die Richterin Shirley Kram angewiesen, die bei ihr anhängigen Klagen gegen deutsche Banken ohne Auflagen abzuweisen. Es verwies auch auf das hohe Alter der NS-Opfer. Bevor die Auszahlung beginnen kann, muss der Bundestag „Rechtssicherheit“ für deutsche Firmen vor US-Klagen feststellen. Der Sprecher der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft, Wolfgang Gibowski, verwies vor allem auf einen noch anhängigen Fall in Kalifornien. Lambsdorff zeigte sich dennoch optimistisch. Gestern Abend wollte er mit dem Verhandlungsführer der Wirtschaft, Manfred Gentz, sprechen. Schröder kündigte für Anfang Juni ein Treffen mit Wirtschaftsvertretern an: „Ich will die Wirtschaft überzeugen.“

Der Grünen-Rechtsexperte Volker Beck nannte das Urteil einen „Durchbruch für die Rechtssicherheit“. In allen Rechtsbereichen – bei Banken, Versicherungen und der Zwangsarbeit – seien nun die Sammelklagen abgewiesen. Er forderte die Wirtschaft auf, „den Widerstand gegen den Beginn der Auszahlungen an die ehemaligen Zwangsarbeiter aufzugeben“. Auch der Kuratoriumsvorsitzende der Entschädigungsstiftung, Dieter Kastrup, hielt einen entsprechenden Beschluss für möglich. Lothar Evers vom Bundesverband Information und Beratung NS-Verfolgter betonte, nun entfalle „die letzte Ausrede für die weitere Verzögerung der Auszahlungen“.

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