Lokales Dienstleistungszentrum Horn
: „Kaputte Struktur“

■ Designierter Senator wirbt im Beirat für sein Modell vom Bürgeramt

„Die Bürger sollen nicht mehr von Pontius zu Pilatus laufen müssen“. Mit diesen Worten warb der designierte Innensenator Kuno Böse (CDU) auf der Beiratssitzung Schwachhausen für das Modell „Lokales Dienstleistungszentrum“ (LDZ) Horn-Lehe. Kern des Vorhabens ist, möglichst viele Behörden unter einem Dach zu vereinen und den Bürgern lange Wege zu ersparen. Nach dem Willen von Böse sollen sie im selben Haus heiraten, ihr Auto anmelden und gelbe Säcke abholen können. „Wir wollen den 'Aus-einer-Hand-Betrieb' und vor allem raus aus dem jetzigen Elend“, wetterte Böse. „Die Bürger werden – ich sag' es ganz ungeschmickt – in einer kaputten Struktur unzulänglich bedient“.

Überhaupt ist „Dienstleistung“ das Lieblingswort des Senators in spe an diesem Abend. Er wolle aufbauen, was in der privaten Dienstleistung schon existiere. Der Bürger, pardon: Kunde, solle die Ämter dann nutzen können, wenn er sie brauche. „Wir wollen Automaten, wie eine Bank, wir wollen die Digital-Signatur“, formulierte Böse sein Ziel. Vorzeigemodell soll das Bürgerservice-Centrum an der Pelzerstraße werden, dessen Bau im Februar begonnen hat und das im März 2002 seine Pforten öffnen soll. Zum ersten Spatenstich hatte Staatsrat Böse verkündet, „dass in Zukunft die Akten und nicht die Menschen laufen sollen“.

Um zu erforschen, wie der Gedanke von den Bremern und Bremerinnen angenommen wird, sollen die Bürgerämter Vegesack und Horn-Lehe als Pilotprojekte fungieren. Im Bürgeramt Horn kann man bereits jetzt den neuen Personalausweis beantragen, das Radio abmelden, Steuerfragen klären oder auch heiraten. Böse widersprach jedoch dem FDP-Vorwurf, die Standorte für die künftigen Dienstleistungszentren seien damit bereits zementiert. „Horn-Lehe und Vegesack sind einfach gut ausgerüstet, daher der Modellcharakter“. Er wolle die Ämter nicht einfach zusammenlegen, sondern neue „Vertriebsstrukturen“ aufbauen und ist sich sicher: „Das rechnet sich“.

Tatsache ist jedoch, dass das unterbesetzte Bürgeramt Horn-Lehe bereits jetzt mit überdurchschnittlichem Publikumsverkehr zu kämpfen hat (die taz berichtete). Denn nicht nur aus Horn-Lehe, auch aus Oberneuland, Borgfeld und anderen Stadtteilen kommen Einwohner, um ihre Behördengänge zu regeln. Staatsrat Böse hält das Amt für geeignet, um Publikumsströme und damit den möglichen Erfolg seines Modells zu messen. Das LDZ solle aufgebaut werden, „auch mit Mitarbeitern aus anderen Ämtern“, was die Schwachhauser aufhorchen ließ. Deren Meldestelle wäre nämlich potenzielle Lieferantin für die nötigen Mitarbeiter eines solchen Service-Zentrums und stünde damit vor dem Aus.

Lediglich auf die Frage nach der Finanzierung wusste der zukünftige Innensenator keine Antwort. „Die Kostenseite ist noch weitgehend ungeklärt.“ Böse ist sich jedoch sicher, dass sein Vorhaben Zukunft hat und wandte sich sowohl an Beirat als auch Publikum: “Wir sind geborene Verbündete.“

Der Beirat Schwachhausen teilte die senatorische Euphorie nicht völlig. Er beschloss, „zunächst das Pilotprojekt LDZ am Standort Pelzerstraße aufzubauen“. Daraus ließe sich ermitteln, wieviele solcher Zentren Bremen wirklich brauche. Dann könne man sie „flächendeckend schnell einrichten“, wie es im Antrag des Beirates hieß. Da die Attraktivität des Zentrums erst ab kommendem März auf die Probe gestellt werden kann, wäre es bis zum Dienstleistungszentrum Horn-Lehe noch ein weiter Weg. juka