Bomber Scharon unter Druck

In Israel formiert sich Widerstand gegen die Bombardierung des Westjordanlands durch Kampfflugzeuge. Premier Scharon warnt vor Kritik, Außenminister Peres rechtfertigt die Aktion

JERUSALEM taz ■ Die Angriffe israelischer Kampfflugzeuge auf Palästinenser im Westjordanland bringen Premierminister Ariel Scharon unter innenpolitischen Druck. Oppositionsführer Jossi Sarid nannte Scharons Politik einen „schweren Fehler“. Selbst ein so schweres Attentat wie in Netanja, wo am Freitag sechs Menschen getötet wurden, sei „kein Grund, einen Weg einzuschlagen, der den politischen Interessen, der Sicherheit und dem positiven Image Israels entgegensteht“, sagte der Chef der Meretz-Partei. Die Abgeordnete Sahava Galon sagte im taz-Interview, man könne auf ein Attentat nicht mit Kampfflugzeugen reagieren. „Die Bombardierungen werden nicht den geringsten Effekt haben“, sagte sie.

Diese Meinung teilte auch die auflagenstärkste Tageszeitung Jediot Achronot: „Niemand glaubt daran, dass F-16-Flugzeuge islamische Selbstmordattentäter und die, die sie schicken, ausfindig machen können.“ Bei dem ersten Angriff israelischer Kampfflugzeuge seit dem Krieg 1967 im Westjordanland waren 12 Menschen getötet worden.

Transportminister Efraim Sneh reagierte mit Unmut darüber, dass er nicht vorab über die Bombenangriffe informiert wurde. „Ob die Angriffe wirklich notwendig waren?“, fragte der arabische Minister Salach Tarif. Er sei bereit zu Kompromissen, konterte Scharon im Verlauf der gestrigen Kabinettssitzung, allerdings „nicht im Sicherheitsbereich“. Scharon warnte davor, Kritik gegen die Angriffe zu äußern. Die öffentliche Meinung in der Welt werde auch von Stimmen in Israel beeinflusst, sagte er und appellierte an die Minister, „mit einer Stimme zu reden“. Außenminister Schimon Peres rechtfertigte die Aktion als „Reaktion auf das grausame und aggressive Verhalten der Palästinenser gegenüber Israel“.

„Manchmal muss man Dinge tun, die nicht mit der eigenen Überzeugung übereinstimmen“, sagte Verteidigungsminister Benjamin Ben-Eliesar. Aus politischen Kreisen wurde die Wahl des Zeitpunkts für die Luftangriffe kritisiert, die die Konferenz der Arabischen Liga in Kairo vollkommen ignorierte.

Unklarheit scheint bei den Sicherheitsdiensten darüber zu bestehen, ob Palästinenserpräsident Arafat für den Terror verantwortlich ist, da sich die Hamas zu dem Attentat in Netanja bekannt hatte. SUSANNE KNAUL

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