THÜRINGER VERFASSUNGSSCHUTZ HAT RECHTE OBSERVIERT – UND GESTÄRKT
: Rechtsextremist auf Staatskosten

Vielleicht sollte sich der Verfassungsschutz wirklich darauf konzentrieren, den furchtbar gefährlichen linken Terrorismus zu bekämpfen – egal, ob es ihn gibt oder nicht. Gegen links waren die Geheimdienstler schon immer motivierter, da haben sie Erfahrung. Vor allem aber können sie bei der Jagd nach einem Phantom keinen großen Schaden anrichten. Genau das aber tun sie mit ihren dilettantischen Aktivitäten in der rechten Szene.

Tag für Tag werden neue Beispiele bekannt. So hat der Thüringer NPD-Vize jahrelang als Spitzel gearbeitet und die üppigen Löhne verwendet, um die Rechtesten der Rechten in der NPD noch stärker zu machen. Auch die verbotene Skinhead-Gruppe Blood & Honour durfte sich über reichlichen Geldsegen freuen. Ihr Bundesvize arbeitete vermutlich ebenfalls als V-Mann und bekam hohe Summen dafür – Steuergelder. Der Staat finanziert seine Gegner.

Noch absurder ist, dass der Verfassungsschutz gleichzeitig im Rahmen des Aussteigerprogramms versucht, rechte Funktionäre mit finanziellen „Hilfsangeboten“ aus der Szene loszueisen – sehr zum Missfallen der privaten Aussteigerhilfsorganisation „Exit“, die mühselige Überzeugungsarbeit leistet. Die Botschaft ist fatal: Die Rechten können es sich aussuchen, ob sie weitermachen oder aufhören. Geld gibt es auf alle Fälle.

Doch damit nicht genug: Trotz der gedeihlichen Zusammenarbeit mit hohen rechten Kadern hat Thüringen so gut wie nichts zum NPD-Verbotsantrag beigetragen. Anscheinend ist die Sympathie durch jahrelange Kooperation so stark gewachsen, dass die Gefahr von rechts gar nicht mehr wahrgenommen werden kann.

Doch ist diese Gefahr außerordentlich real; gestern wurde nun der thüringische Verfassungsschutzbericht für das letzte Jahr veröffentlicht: Er verzeichnet 1.800 Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund, die Zahl der Rechtsextremisten ist gestiegen. Peinlich für den Verfassungsschutz: So hat er selbst dokumentiert, dass sein Sponsoring der Rechten im besten Fall sinnlos ist – höchstwahrscheinlich aber schädlich. LUKAS WALLRAFF