Keine Mitsprache

Gründerfirmen manövrieren sich mit Beharren auf Rechtssicherheit auch in Stiftungsinitiative ins Abseits

BERLIN taz ■ Der Sprecher der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft gibt sich ungerührt. Als „Effekthascherei“ kanzelte Wolfgang Gibowski den Aufruf „Jetzt auszahlen“ ab, dem sich am Wochenende 43 Mitglieder der Initiative angeschlossen hatten. Rückendeckung bekam er vom Kanzlerbeauftragten für die Entschädigung: „Das hat in der Sache kein Gewicht“, befand auch Otto Graf Lambsdorff.

Tatsächlich haben sich dem Appell vor allem kleinere Firmen angeschlossen – Werbeagenturen, Unternehmensberater, Rechtsanwälte. Doch ihr offener Brief an Bundeskanzler Gerhard Schröder zeigt: Mit dem Beharren auf Rechtssicherheit haben sich die Gründerfirmen der Stiftungsinitiative selbst in den eigenen Reihen ins Abseits manövriert. „Die Rechtsschutzinteressen einer Handvoll Firmen darf die Gerechtigkeit für die Überlebenden nicht länger behindern“, heißt es in dem Brief.

Im Februar 1999 hatten sich 16 Konzerne, darunter DaimlerChrysler und Degussa-Hüls, zusammengeschlossen – als Reaktion auf Klagen in den USA. 6.300 Firmen sind beigetreten. Doch viele von ihnen sind erst nach 1945 entstanden. Vor allem kleinere Firmen machen zudem keine US-Geschäfte und haben daher kein Interesse an der von den Gründern beschworenen Rechtssicherheit. Mit diesem Argument weigern sich die Gründer bisher, den Wirtschaftsanteil von 5 Milliarden Mark auf das Konto der Bundesstiftung auszuzahlen. Dabei können sie sich der Unterstützung des Kanzlers sicher sein: Schröder setzt auf „Kooperation mit der Wirtschaft“. Die Grünen wollen das Thema daher noch in dieser Woche neu ins Gespräch bringen und den Druck auf die Bundesregierung erhöhen.

Die Stiftungsinitiative blockt derweil: Alle 43 Firmen zusammen hätten nicht einmal ein Prozent zur Gesamtsumme beigetragen, so Gibowski. Einklagen können diese ihr Mitspracherecht nicht. Da die Initiative keine Rechtsform hat, existiert nicht einmal eine Satzung.

Der Initiator des Aufrufs, Wolfgang Müller, verlangte, dass auch die angefallenen Zinsen den Opfern zugute kommen – von bis zu 700.000 Mark täglich ist die Rede. Die Initiative habe sich bereit erklärt, bis zu 100 Millionen Mark an Zinserträgen zu überweisen, so Gibowski. Welche Summe eingezahlt wurde und wie viel Zinsen dieses Geld erbracht hat, sagt er nicht. „Über Geld reden wir nicht, wir haben es.“ NICOLE MASCHLER