KEHRTWENDE DER USA: ENDLICH ENGAGIERT SICH BUSH IN NAHOST
: Moderieren und mahnen, mehr nicht

George W. Bush hat bei Amtsantritt größere Zurückhaltung in Nahost angekündigt: Sein Vorgänger Clinton habe sich zu stark engagiert. Nur vier Monate später – die Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern eskalieren bis hin zu einem offenen Krieg – scheint Bush nun eine Kehrtwende zu vollziehen. Seine unverhohlene Kritik an beiden Konfliktparteien und die späte Ernennung eines neuen Nahostbeauftragten sind deutliche Hinweise darauf.

Wohl der einzige vernünftige Weg: Die USA haben Erfahrung in Nahost; sie haben, wie immer man dazu stehen mag, ihre eigenen Interessen – bis hin zum Golf und Afghanistan –, die häufig genug verstrickt sind mit dem Palästina-Konflikt. Ihr politisches wie wirtschaftliches Engagement in der Region macht die USA zum wichtigsten externen Spieler dort.

Europa hat zwar auch seine Interessen – und hat den Friedensprozess auch finanziell unterstützt –, aber es mangelt an einer gemeinsamen Politik. An ihre Stelle treten immer wieder nationale Interessen. Russland wiederum kann den alten Part der Sowjetunion nicht übernehmen, und die UNO bleibt weitgehend wirkungslos.

Gut deswegen, dass Bush sich eines Besseren besonnen hat. Hätte er dies früher getan, dann wäre der Region vielleicht einiges erspart geblieben. Aber auch nur vielleicht . . . Denn selbst wenn Außenminister Powell den Nahen Osten wieder zur „Chefsache“ erklärt hat, lassen sich nicht einfach all jene vertanen Gelegenheiten vergessen, bei denen es auch amerikanischen Präsidenten nicht gelungen ist, Konflikte zu verhindern oder auch nur zu entschärfen.

Auch Bush wird nur mit Wasser kochen können: Auf der Grundlage des Mitchell-Berichtes muss er versuchen, Israelis wie Palästinenser vom Baum der Gewalt herunterzuholen, in den sie sich in den zurückliegenden Monaten verstiegen haben. Eigene Pläne und Initiativen – wenn er sie denn überhaupt hätte – sollte Bush besser in der Schublade lassen: Der Konflikt muss von den Beteiligten selbst gelöst werden. Washington kann ihnen nur eindrücklich klar machen, dass man genau das von ihnen erwartet. PETER PHILIPP