Auslaufmodell dreckiges Dutzend

In Stockholm wird heute die Konvention über Begrenzung oder Verbot der zwölf gefährlichsten Umweltgifte unterzeichnet. Das Nonplusultra ist sie noch nicht, finden Umweltverbände, aber eine gute Basis. Die Industrieländer kommen billig weg

aus Stockholm REINHARD WOLFF

Wer hätte gedacht, dass US-Präsident George W. Bush und Greenpeace das gleiche internationale Umweltabkommen gut finden können? Aber das gibt’s: Das Papier trägt den Namen „POP-Konvention“ und soll heute in Stockholm unterzeichnet werden.

Zwar geht die Begeisterung in Washington nicht so weit, dass Bush persönlich anreisen wollte. Mit dem Chef der US-Naturschutzbehörde schickte er aber immerhin einen hochrangigen Umweltbeamten nach Schweden. Mehr als 100 andere Staaten sind ebenfalls prominent vertreten. Für die Bundesrepublik unterschreibt Bundesumweltminister Jürgen Trittin.

Auf diese Demonstration von Umweltbewusstsein hatte man dreißig Jahre warten müssen. So lange weiß man, wie gefährlich „Persistant Organic Pollutants“ (POPs), schwer abbaubare organische Giftstoffe, sind. Die meisten Industrieländer haben sie längst verboten. Trotzdem bedurfte es seit 1998 einer Konferenzstafette von Montreal nach Genf und von Bonn nach Johannesburg, um in Stockholm anzukommen.

Zwölf POPs sollen nun weltweit verboten oder eingeschränkt werden: acht Schädlingsbekämpfer, darunter DDT, Endrin, Dieldrin und Heptachlor, die Industriechemikalien PCB und Hexachlorbenzol sowie Dioxine und Furane.

Die Umweltgifte verbreiten sich auch bei isolierter Freisetzung durch Verdunstung, Kondensation oder über die Nahrungskette weltweit. DDT etwa findet man ebenso im Gewebe von Eisbären in der Arktis wie bei Pinguinen am Südpol und in der Muttermilch von Frauen in Ländern, in denen es entweder nie oder seit über 30 Jahren nicht mehr angewendet wurde. Trotzdem war das Verbot von DDT einer der härtesten Knackpunkte bei den POP-Verhandlungen: Es ist ein billiges Mittel zur Malariabekämpfung. Ein Verzicht auf den DDT-Einsatz in Ländern, in denen die Malariamücke heimisch ist, würde zwar die weltweite Giftbelastung mindern, aber auch die Zahl von Malariatoten in die Höhe schnellen lassen. Die Konvention sieht nun vor, die Produktion für den Einsatz in Ländern der Dritten Welt fortsetzen zu lassen, bis eine billige, effektive und weniger gefährliche Mückenbekämpfung entwickelt worden ist.

Für PCB, die in Dichtungsfugen von Plattenbauten, Elektrogeräten und unzureichend gesicherten Müllkippen lauern, soll die Sonderregelung bis 2025 gelten. Ein sofortiger Verzicht war den meisten Unterzeichnerländern ebenso zu teuer, wie bei der Freisetzung von Dioxinen und Furanen zur jeweils optimalen Technik verpflichtet zu werden.

Doch EU und Umweltschutzorganisationen sind schon zufrieden, dass Dioxine überhaupt mit aufgenommen sind, und hoffen auf eine Hebelwirkung bei der Verschärfung von nationalen Grenzwerten.

In Kraft treten wird die Konvention erst in zwei bis vier Jahren. So lange dauert es, bis die erforderliche Mindestanzahl von 50 Staaten sie ratifiziert hat. Gunnar Linde von Greenpeace Schweden sieht aber keine Veranlassung, sich auf dem Erreichten auszuruhen: „Die Liste der Umweltgifte muss schnell erweitert werden, vor allem um bromhaltige Flammschutzmittel.“ Das wäre aber im Unterschied zur jetzigen billigen Etappe für die Industrie und die Volkswirtschaften der westlichen Industriestaaten deutlich teurer. Die gemeinsame Front mit George W. Bush dürfte deshalb nicht allzu viel Zukunft haben.