Steinläuse sind gefährlich

■ Niedrigenergiehäuser sind zwar gut für die Umwelt, aber nicht unbedingt gut für die Gesundheit / Asthmatiker und Allergiker sind besonders belastet

Loriot hat es schon immer gewusst: Die Steinlaus existiert wirklich. Und jetzt bekommt er sogar Schützenhilfe aus der Forschung. Schließlich seien Schimmelpilze, die Häuser befallen wie Läuse, befindet der Mikrobiologe Thomas Warscheid von der Bremer Materialprüfungsanstalt(Mpa). Gerade in feuchtem organischem Material fühlen sich die Pilze wohl. Und das wirkt sich nicht nur auf die betroffenen Häuser, sondern auch auf die (menschlichen) Bewohner aus.

Auch die immer mehr zum Trend werdenden Niedrigenergie- und Passivhäuser (Häuser mit einer dicken Isolierschicht aus Styropor oder Mineralwolle und speziellem Belüftungssystem) sind nicht der Weisheit letzter Schluss. Die geringe Wärmeabgabe nach draußen hat einen Pferdefuß: Die Luft zirkuliert durch die Dämmung nicht ausreichend. „So kann sich die Feuchtigkeit ungehindert an der Wand niederschlagen“, dröselt der Mikrobiologe die Vorgänge auf, „und dann geht es ganz schnell mit dem Pilzbefall, weil die Feuchtigkeit sich an der Mauer und dann im Dämmstoff festsetzt“.

Der Pilz hat aber nicht nur für Steine, sondern auch für die Menschen unangenehme Folgen: Die Sporen werden durch die Luft verbreitet und setzen sich in den Atemwegen, den Ohren und auf der Haut fest. Dort verursachen sie allergische Reaktionen, die im schlimmsten Fall lebensgefährlich sein können, da sie sich heftiger auswirken als „normale“ Allergien. Die Palette der Krankheiten reicht von Hautausschlag und Schnupfen bis hin zu schwerem Asthma. „Einige Schimmelpilze bilden Toxine, die zum Beispiel für Kinder lebensgefährliches Asthma auslösen können“, warnt der Baustoff-Experte.

Warscheid sieht zwei Quellen für diese Entwicklung: „Die Probleme haben sich zum einen durch die neue Bauweise, zum anderen durch Baustoffe ergeben, die mikrobiologisch nicht geprüft worden sind“, erläutert Thomas Warscheid. Wärmedämmungen müssen professionell angegangen werden, sonst kann der geringe Luftaustausch zu starkem Pilzbefall führen. „Manchmal kann man den Bewohnern nur noch raten auszuziehen oder abzureißen“, meint der Baustoffexperte.

Wichtig sei, bevor irgendein Handstreich im Neubau getan würde, die Wände ordentlich abtrocknen zu lassen. Wer das verpasst, für den gibt es nur eins: Lüften und nochmals lüften. „Aber das Prinzip dieser Häuser ist ja gerade, dass kein Luftaustausch stattfindet“, beschreibt er das Dilemma.

Das Prinzip Niedrigenergie- beziehungsweise Passivhaus sei ja nicht per se schlecht, differenziert Warscheid, „aber es muss richtig professionell gemacht werden“. Das bedeutet nicht nur trockene Wände beim Einzug. Auch die Verwendung ökologischer Lösungsmittel kann nach hinten losgehen. Solche Farben oder Bodenbeläge aus Naturstoffen seien zwar umweltfreundlich. Dafür wären sie dann aber wieder umso anfälliger für den Befall durch Pilze und Bakterien.

Die Arbeitsgruppe Baustoffe an der Materialprüfungsanstalt Bremen beschäftigt sich ausführlich mit diesen Problemen und hat ihre Informationen dazu zusammengetragen. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann sein Haus auch von amtlichen Materialprüfern begutachten lassen. „Wir sammeln die Anfragen und arbeiten an einem Tag mehrere Termine ab“. Die Bewohner bekommen dann vor Ort oder per Post die Analyse mit Empfehlungen, was zu tun sei. Ein Gutachten dieser Art kostet knapp 500 Mark.

juka

Weitere Informationen gibt die Amtliche Materialprüfungsanstalt Bremen unter: Tel (0421) 53708-0