Aggressivität und Unwissen

Ärger nach einem Unfall mit dem Velo? Eine Rechtsberatung hilft Radlern

Martin Karnetzki ist einer der Rechtsberater des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Der Rechtsanwalt erläutert die Inhalte und die Notwendigleit des Rechtsschutzes von Radfahrern.

taz: Was sind die Arbeitsschwerpunkte der Rechtsberatung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC)?

Martin Karnetzki: Wir sind die erste Anlaufstelle nach Verkehrsunfällen, bieten Vorinformationen an, sagen unseren Besuchern, wie sie sich im Falle eines Unfalls verhalten sollen und ob sie nach unserer Auffassung einen Anwalt brauchen oder nicht.

Wer wendet sich an Sie?

Beim typischen Radfahrer handelt es sich nicht um irgendwelche seltsamen Freaks. Die Leute, die zu uns kommen, sind meist gut ausgebildet. Radfahren ist Teil einer bewussten Lebenshaltung geworden.

Welche rechtlichen Problemfälle werden häufig an Sie herangetragen?

Der Verkehrsunfall mit Personenschaden steht an erster Stelle. Hierzu ist die häufigste Frage, wie der Betroffene den Schaden nachweisen soll. Aber bei Geschichten, wie ohne Licht und auf der falschen Straßenseite gefahren, weiß selbst der Anwalt keinen Rat mehr.

Haben sich die Probleme verlagert?

Was ganz offensichtlich zu- nimmt, ist die aggressive Haltung der Autofahrer. Da gab es vor kurzem den Fall, dass ein Autofahrer einer Frau auf dem Fahrrad die Vorfahrt nimmt, sie über das auf sie zukommende Auto drüberfällt, der Fahrer aussteigt und auf die am Boden liegende Frau einprügelt – schließlich sogar noch Fahrerflucht begeht. Und kürzlich wurde sogar ein Radfahrer mit einer Waffe bedroht.

Gibt es eine Erklärung für die zunehmende Aggressivität von Autofahrern?

Die Autofahrer sind sauer, dass den Radfahrern seit 1997 mehr Rechte zugestanden werden, wie etwa die Möglichkeit, Einbahnstraßen gegen die Fahrtrichtung zu befahren. Das Problem besteht größtenteils auch darin, dass sowohl die Radfahrer als auch die Autofahrer sehr wenig über ihre Rechte und Pflichten informiert sind. So kommt es oft zu Missverständnissen.

Werden diese Missverständnisse nach einem Unfall nicht von der Polizei ausgeräumt?

Die Polizisten wissen häufig selbst nicht über die neue Rechtslage Bescheid. Außerdem fehlt es oft an der nötigen Objektivität.

Dient die Beratung also auch der allgemeinen Aufklärung?

Die wenigsten Radfahrer wissen, wie sie sich im Falle eines Unfalls verhalten sollen: die Namen von Zeugen notieren, den Arzt aufsuchen und auf jeden Fall den Unfall von der Polizei aufnehmen lassen. Darüber hinaus sollte man die wichtigsten Fakten stichpunktartig in einem Gedächtnisprotokoll notieren.

INTERVIEW: ROWENA DILL

Die kostenlose Rechtsberatung kann nur von Mitgliedern des ADFC in Anspruch genommen werden. Die nächsten Termine: 29. Mai, 5. und 12. Juni, jeweils von 19 bis 20 Uhr im ADFC-Radlerzentrum, Brunnenstr. 28, 10119 Berlin