Peitschenhiebe mit der Hundeleine

Ein Wachmann soll eine psychisch gestörte Patientin vergewaltigt haben. Sie glaubte an eine Teufelsaustreibung

Der angeklagte Wachmann Andreas M. sitzt gebeugt auf seinem Stuhl. Der kleine schnurrbärtige Mann will das Ganze schnell hinter sich bringen. Nur gestehen will er, und fertig. Erklären möchte er dem Richter des Landgerichts seine Tat vom März vergangenen Jahres nicht.

Eine psychisch gestörte Patientin eines Pflegeheims in Neukölln soll der Wachmann Andreas M. sexuell missbraucht haben, warf ihm die Staatsanwaltschaft gestern vor. Und die schleppenden Antworten auf die Fragen des Richters, wie das denn nun genau gewesen sei mit dem Fesseln und den Hieben mit der Hundeleine, warfen wahrlich kein gutes Licht auf den Wachmann. Nach über eine Stunde zäher Vernehmung wurde die Verhandlung abgebrochen. Der Richter ordnete eine psychiatrische Untersuchung an. Gegen Andreas M. wurde Haftbefehl erlassen, die ursprüngliche Anklage hat sich verschärft. Sie lautet nun auf Vergewaltigung und schwere Körperverletzung.

Andreas M. kannte sein Opfer, die Patientin Sandra N.*, gut. Vor der Tat waren die beiden befreundet. Mehrere Wochen hatte Sandra N. in dieser Zeit sogar auf einer Liege in M.s Zweiraumwohnung in Hohenschönhausen übernachtet. Der Wachmann hatte sie aufgenommen, weil es Sandra N. in dem Pflegeheim nicht mehr ausgehalten hatte und sie ihm leid tat. Von ihrer psychischen Krankheit habe er nichts gewusst, so Andreas M. Sie hatte ihn liebevoll ihren „Leibwächter“ genannt. Und er hatte das akzeptiert. Die Freundschaft zwischen den beiden bekam erst Risse, als Sandra N. den Diensthund des Wachmanns entführte. Es hatte Meinungsverschiedenheiten über die richtige Erziehung des Tieres gegeben. Danach musste Sandra N. wieder ins Heim.

Die weiteren vor Gericht verhandelten Geschehnisse sind nur schwer vorstellbar. Am 5. März vergangenen Jahres war Andreas M. während seiner Dienstzeit mit Sandra N. in den Keller des Pflegeheims gegangen. Er wollte einen Eimer suchen für Scherben, die ein Sturm in der vorangegangenen Nacht angerichtet hatte. Im Flur des Kellers hat er Sandra N. jedoch ausgezogen, ihre Hände mit einem Gurt gefesselt und sie mit einer Hundeleine geschlagen. Danach versuchte er, die wehrlose Frau zu vergewaltigen. Die Frau glaubte dabei laut Anklage an eine Teufelsaustreibung.

Als der Angeklagte gestern vor Gericht seine Tatwerkzeuge identifizierte, wirkte er ruhig. In seinem Kopf scheint die Bedeutung der Tat nur undeutliche Spuren hinterlassen zu haben. Ein schlechtes Gewissen habe er erst gehabt, als er den Keller verließ, so M. vor Gericht. Trotzdem schilderte Andreas M. das Geschehen eher wie ein harmloses Spiel. Sandra N. habe sich nicht wirklich gewehrt, sie habe die ganze Zeit geschwiegen, erzählt der Wachmann. Das klang fast kindlich. Es sei zwischen den beiden im Kellerflur eben zu „Neckereien“ gekommen. Der Rest habe sich so ergeben. Diesen Satz wiederholte Andreas M. gestern immer wieder. Der Prozess wird fortgesetzt. KIRSTEN KÜPPERS

* Name geändert