Meuterei in Georgien

Soldaten besetzen eine Kaserne, die Angaben über ihre Motive sind widersprüchlich, an einer Destabilisierung Georgiens könnte auch Moskau ein Interesse haben

MOSKAU taz ■ Rund tausend Soldaten einer Sondereinheit der georgischen Nationalgarde haben gestern einen Stützpunkt der Truppen des Innenministeriums in dem 25 Kilometer nördlich von Tiflis gelegenen Muchrowani besetzt. Über die Motive kursieren verschiedene Versionen: Zunächst hieß es, Anlass seien die katastrophalen sozialen Bedingungen, unter denen die georgischen Militärs ihr Dasein fristeten. Das zumindest verbreitete die Ehefrau eines der aufständischen Offiziere.

Unterdessen zweifelten Regierungskreise in Tiflis nicht daran, dass es sich um einen Putschversuch handele. Sicherheitsminister Wachtang Kutateladse meinte überdies, dahinter könnten nicht nur Kräfte aus dem In-, sondern auch aus dem Ausland stehen. Damit spielte er auf die Rolle Moskaus an, dem die Eigenständigkeit der ehemaligen Sowjetrepublik seit deren Unabhängigkeit 1991 ein Dorn im Auge ist. Je instabiler die Lage in Tiflis, desto größer die Einflussmöglichkeiten des Kreml. Instabilität wirkt den georgischen Wünschen einer Integration in europäische Strukturen entgegen und schreckt Investoren ab. In Regierungskreisen ließ man durchblicken, der Anführer der Rebellen sei ein Vertrauter von Ex-Innenminister Schota Kwireira, der wiederum engste Kontakte zu dem moskaufreundlichen Igor Georgadse unterhält. Nach einem missglückten Attentat auf Präsident Schewardnadse 1995 verschwand der damalige Sicherheitsminister und tauchte später im russischen Exil wieder auf. Ein Auslieferungsgesuch lehnte Moskau ab. Aufmerken lässt überdies der Putschtermin – einen Tag vor dem georgischen Unabhängigkeits- und Nationalfeiertag. KLAUS-HELGE DONATH