„Arbeit für die, die wollen“

■ Bundesverband der Sozialhilfe-Initiativen tagt in Hamburg und fordert, Kindergeld-Erhöhung nicht auf Sozialhilfe anzurechnen

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit tagte am Wochenende der Bundesverband der Sozialhilfeinitiativen (BAGSHI) in Hamburg, dem rund 40 Initiativen und über 100 Einzelpersonen, davon zur Hälfte Betroffene, angehören. „Unsere wichtigste Forderung betrifft diesmal das Kindergeld“, sagt Erika Biehn, arbeitslose Sozialarbeiterin und Vorsitzende des Verbandes. Die jüngst beschlossene Erhöhung um 30 Mark dürfe nicht mit der Sozialhilfe verrechnet werden. Wie bei der letzten Erhöhung um 20 Mark sei auch diesmal wieder „ein Kraftakt für einzelne Politiker“ nötig, um dies durchzusetzen. Die Nichtanrechnung müsse solange fortgesetzt werden, bis das Kindergeld existenzsichernd ist und mindestens 600 Mark beträgt.

Fast ein Dauerbrenner ist das Thema „Pauschalierung von Sozialhilfe“. Seit 1999 ist es Kommunen erlaubt, damit zu experimentieren. „Wenn Pauschalen vernünftig hoch sind, haben wir nichts dagegen“, sagt Biehn. Doch das sei selten der Fall. Die BAGSHI will nun eine „Handlungshilfe“ erstellen, die informiert, wie sich Betroffene wehren können.

Ebenfalls mit einem Faltblatt soll über „MOZART“ aufgeklärt werden, ein Modellprojekt, an dem 28 Kommunen, unter anderen Hamburg und Kiel, teilnehmen und das die Zusammenarbeit von Sozial- und Arbeitsämtern fördern soll. In Hamburg würden in „Assessment-Centern“ zweitägige Beobach-tungskurse durchgeführt, an deren Ende ein Persönlichkeitsbild erstellt wird, berichtet BAGSHI-Vorständler Wolfgang Otto: „Wir haben dabei datenschutzrechtliche Bedenken“, sagt er. Man wolle aufklären, damit Sozialhilfeempfänger die Vorteile wie Umschulungsangebote in Anspruch nehmen. Insgesamt aber befürchte er eine Spaltung in arbeitsfähige und nicht-arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger, die, wenn Arbeitsminister Walter Riester im Jahr 2006 Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammenlegt, auch in solche unterteilt werden.

Auch in die „Faulheitsdebatte“ will die BAGSHI sich einmischen. „Wir fordern ein Recht auf Faulheit“, sagt Biehn. „Arbeit für die, die sie wollen.“ Das größte Problem der meisten Menschen sei jedoch, dass ihnen die Möglichkeit zu arbeiten fehle. Menschen zur Arbeit zu zwingen, indem man Anträge auf Sozialhilfe gar nicht erst annimmt - wie in vielen Ämter üblich - sei „Rechtsversagung“. Kaja Kutter

BAGSHI Moselstraße 25, 60329 Frankfurt. Tel.: 069/27 22 08 98.