Als schuldig entlassen

Landesbetrieb Krankenhäuser löst Leiter des Klinikums Nord ab: „Vertrauensverhältnis in Frage gestellt“  ■ Von Peter Ahrens und Sandra Wilsdorf

Der Schuldige ist gefunden: Der Ärztliche Direktor des Klinikums Nord, Professor Ulrich Vetter, ist am Sonnabend vom Landesbetrieb Krankenhäuser LBK aus seinem Amt entlassen worden. Der LBK sprach von einem „schwerwiegenden, aber unerlässlichen Schritt“. Vetter wird dafür verantwortlich gemacht, dass das Klinikum nach zwei Vergewaltigungen auf dem Klinikgelände die Öffentlichkeit und die Gesundheitsbehörde nicht frühzeitig informiert hatte.

Nachdem die Fälle bekannt geworden waren, war auch Sozialsenatorin Karin Roth (SPD) in der Vorwoche massiv in die Kritik geraten, denn sie ist nicht nur Aufsichtsratsvorsitzende des LBK, ihre Behörde führt auch die Aufsicht über die Krankenhäuser. Ihre Äußerung auf einer Pressekonferenz „Ich kann mir nicht jede Vergewaltigung in Hamburg melden lassen“, hatte die Welle der Empörung noch höher schwappen lassen. Und so hat Roth die Ablösung Vetters gestern durch ihre Sprecherin ausdrücklich „begrüßen“ lassen.

„Es waren mehrere Ereignisse, die zusammen gekommen sind und dafür gesorgt haben, dass das Fass zum Überlaufen gebracht wurde“, sagte Roths Sprecherin Ute Winkelmann-Bade gestern. Nicht nur die Informations-Pannen im Zusammenhang mit den Vergewaltigungen hätten dazu beigetragen. Noch am Freitag war das Klinikum erneut in die Schlagzeilen gekommen, nachdem ein Patient aus der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie entwichen war und das Klinkum am Freitag vorschnell gemeldet hatte, der Entflohene sei inzwischen wieder zurückgekehrt. Dies stimmt nicht, wie sich herausstellte: Bis gestern ist der Mann noch nicht wieder in Ochsenzoll aufgetaucht, teilte der LBK mit.

Die „Akzeptanz und Unterstützung in der Öffentlichkeit“, auf die das Klinkum in seiner Arbeit „in besonderer Weise angewiesen“ sei, sei durch die Ereignisse der vergangenen Tage in Frage gestellt, schrieb der LBK in einer Erklärung. Auch das Vertrauensverhältnis zwischen LBK-Vorstand und Klinikleitung sei belastet gewesen. Daher habe man sich zu „diesem schwerwiegenden Schritt“ entschlossen, der eine „reine LBK-Entscheidung“ gewesen sei, wie Sprecherin Hilka Zebothsen betont. Die Gesundheitsbehörde habe keinen Einfluss auf die Entscheidung genommen, die „im gegenseitigen Einvernehmen“ getroffen worden sei, wie LBK-Sprecher Siegmar Eligehausen versichert.

„Natürlich hoffen wir, dass jetzt wieder ein bisschen Ruhe einkehrt“, sagt Winkelmann-Bade. Gewährleisten soll das der langjährige Ärztliche Direktor des Allgemeinen Krankenhauses Barmbek, Lutz Hoffmann, der Vetters Aufgabe zunächst kommissarisch übernimmt. Hoffmann ist seit 1980 am AK Barmbek und hatte sich als Chefarzt der Onkologie besonders verdient gemacht, als er die Palliativstation für schwerstkranke Krebspatienten aufbaute. Sein Nachfolger in Barmbek wird zunächst sein jetziger Stellvertreter.

Der abgelöste Vetter bleibt dem LBK weiter erhalten: Er wird „eine Tätigkeit in der Organisation des Modernisierungsprozesses des Unternehmens“ übernehmen, wie der LBK verlautet. Denn schließlich habe sich der Mediziner verdient gemacht, besonders bei der Fusion der Krankenhäuser Ochsenzoll und Heidberg, die er maßgeblich vorangetrieben habe. Nun soll er sich wohl um die Einführung des neuen Entgeltsystems kümmern.

Unabhängig von den Personalentscheidungen hält Senatorin Roth daran fest, dass eine unabhängige Expertenkommission die Vorkommnisse untersuchen und Verbesserungsvorschläge für den Maßregelvollzug erarbeiten soll.