schnittplatz
: Enemy at the Gates

Was gibt es Schöneres als halbstaatliche Fluggesellschaften im Erklärungsnotstand? Damit wir uns nicht falsch verstehen: In Sachen Lufthansa gegen Süddeutsche stehen wir fest auf der Seite des neidgelben Albatross’.

Hat sich etwa jemals ein Werbekunde über vermeintlich ungerechtfertigte oder allzu kritische Berichterstattung aufgeregt – und einem Blatt daraufhin die Anzeigen entzogen? Als ob wir damals beim ersten Praktikum im Ruhrgebiet „Bloß nix Böses über Karstadt“ eingebläut bekommen hätten, wegen der ganzseitigen Sonderangebotsanzeige am Samstag. Lächerlich!

Und jetzt soll die Lufthansa sogar die Bordexemplare streichen? Wegen der Berichterstattung über den Tarifstreit der Piloten? Dabei weiß doch jeder, und natürlich auch der Lufthansa-Konzernsprecher Klaus Walther, dass die Süddeutsche die rund 30.000 zusätzlichen Zeitungen täglich dringendst im Wettbewerb mit der FAZ braucht. Und bei der Financial Times Deutschland immer noch ein hübsches Stückchen der Gesamtauflage nur airborne existiert.

Perfide Unterstellungen, hier würde ein Flugunternehmen subtile Marktkorrekturen vornehmen, so ganz nach Zuckerbrot und Peitsche. Genauso blödsinnig ist die Behauptung, hier würde mal wieder die Schere im Journalistenkopf funktionieren. Nur, weil die Affäre SZ – LH den meisten deutschen Medien bekannt gewesen sein dürfte, aber – da bis auf die taz die meisten überregionalen Blätter mitfliegen – komischerweise zuerst nur im britischen Guardian stand.

Und das alles, weil die Lufthansa an einem einzigen Tag letztes Jahr im März ein einziges Mal vergessen hatte, die 15.000 FTD auszulegen, als da aus einem vertraulich-kritisches Vorstandspapier zitiert wurde.

LH-Konzernsprecher Walther hat recht: „Wenn man in diesem Wettbewerb einmal die Nase nicht vorne hat, dann sollte man gelassen reagieren und nicht den Geschäftspartner der Missachtung von Menschenrechten zeihen“, hat er der Süddeutschen gesagt. Denn der Lufthansa geht es um Vielfalt an den Gates. Eine „Vielzahl anderer Printprodukte“ (Walther) wird da künftig ausgelegt. Zum Beispiel die taz? STG