Der beißt nie

Postboten lernen, wie sie sich vor dem besten Freund des Menschen schützen können  ■ Von Michael Rahn

Hundeführer Stefan Begier liebt Übungen möglichst realitätsnah: Ohne Leine lässt er seinen Schäferhund Assard auf die Postboten zustürmen. Wer dabei zusammenzuckt, dem ist eines gewiss: Die Aufmerksamkeit des Hundes. Doch bevor bei den Zustellern Panik ausbricht, ruft der Spezialist seinen Hund zurück. Er hat sein Tier im Griff, im Gegensatz zu mindestens 191 Hundehaltern in Schleswig-Holstein. Sie konnten im vergangenen Jahr nicht verhindern, dass ihr Vierbeiner einen Zu-steller anfiel.

„Ruhig bleiben, nicht ruckartig bewegen und auf keinen Fall den Kopf zu dem Tier herunterbeugen“, warnt Begier die Teilnehmer seines Hundeseminars. Mit dieser Veranstaltungsreihe, die bislang auf einige Dienststellen im Bereich der Westküste zwischen den Kreisen Pinneberg und Nordfriesland beschränkt ist, will die Post ihre gefährdeten Mitarbeiter schulen. Der Elmshorner Niederlassungsleiter Jakob Vieregge hatte, angesichts von 42 verletzten Zustellern im vergangenen Jahr, in seinem Bezirk die Initiative ergriffen.

Vor allem Kranken- und Urlaubsvertreter sind laut Statistik gefährdet, weil sie für die Hunde fremde Eindringlinge sind. Erst seit einem halben Jahr ist Uwe Hörmann im Dienst des Gelben Unternehmens unterwegs. Auf einem Bauernhof muss er an einem Kettenhund vorbei. „Der Landwirt hat mir versichert, dass der Hund nichts tut, wenn er nicht festgemacht ist“, sagt der 35-Jährige. Zum Glück saß Hörmann schon wieder im Auto, als sich der aggressive Hund im Reifen des Fahrzeugs verbiss. „Versuchen Sie, der ruhige Pol in der Begegnung mit dem Tier zu werden“, rät Hundeführer Begier. „Schauen Sie dem Tier in die Augen, vermeiden Sie ruckartige Bewegungen und versuchen Sie, nicht zu flüchten; das Tier ist viel schneller als sie.“ Und wenn nichts mehr hilft, wie bei einem lebensgefährlichen Angriff eines Riesenschnauzers auf einen Zusteller in Glückstadt, rät Begier: „Schützen Sie Ihre wertvollsten Körperteile, vor allem Gesicht und Hals.“ Und er rät allen Postboten: „Reden Sie mit den Hundebesitzern. Und wenn die nicht reagieren, müssen die Uneinsichtigen ihre Briefe eben selbst von der Filiale abholen.“