Fernuni Hagen verliert Magister

An der Fernuniversität sind die ersten Auswirkungen der neuen Studiengänge Bachelor und Master zu betrachten. Magisterkandidaten, die aus ganz Deutschland kommen, befürchten, dass ihnen das Studium abhanden kommt

FREIBURG taz ■ Für viele Studierende der Fernuniversität Hagen ist das Internet ein riesiger virtueller Kummerkasten geworden. Die elektronischen Pinnwände der Studentenvertretung quellen förmlich über vor Klagen. Dazwischen gibt es optimistische, zupackende Appelle: „Wir müssen etwas tun und nicht tatenlos zusehen“, hat die diplomierte Verwaltungskauffrau Sandra Zauner aus Stuttgart mit vier Ausrufezeichen ins Netz gepinnt.

Das, was die rund 15.000 Teil- und Vollzeitstudierenden des Fachbereichs Erziehungs-, Sozial- und Geisteswissenschaften Hagens derzeit auf die Barrikaden bringt, ist die Aussicht, dass ihre Studienfächer aus dem Bildungsprogramm der Fernuni verschwinden sollen. Anfang April ist dies durch einen vorläufigen Rechtsentwurf des Bildungsministeriums von Nordrhein-Westfalen (NRW) bekannt geworden. Die Endfassung soll Anfang Juni vorliegen. Seither sind die MagisterkandidatInnen in Aufruhr. Der Widerstand der bundesweit verstreuten Studentengemeinde richtet sich gegen die Absicht, die Fernuni Hagen auf Kosten der Magisterstudiengänge zu reformieren. Der Vorschlag stammt von einem unabhängigen Expertengremium, das mit den neuen Abschlüssen Bachelor und Master die bisherigen Magisterstudiengänge ersetzen will. Die Studiengänge sollen kürzer und praxisnäher werden.

Die Hagener Uni will diese „Angebotsoptimierung“ grundsätzlich mitgehen, macht allerdings zur Bedingung, dass die wegfallenden Magisterstudiengänge durch gleichwertige Bachelor und Master ersetzt werden. Nicht mittragen will man jedoch die Geschwindigkeit der Umsetzung: Einen Einschreibestopp für die alten Studiengänge schon zum kommenden Wintersemester sei unrealistisch, heißt es. Die Hagener Leitung fordert ein Jahr mehr Zeit. Die soll auch den immatrikulierten MagisterkandidatInnen zum Abschluss ihres Studiums zugestanden werden: mindestens bis Oktober 2008.

Den Betroffenen ist das zu wenig. Sie halten Bachelor oder Master grundsätzlich für ungeeignet, den Magister zu ersetzen: „Der Bachelor ist doch in Deutschland gar nicht anerkannt“, meint Sandra Zauner, die befürchtet, das Niveau der Fernuni könnte absinken. Für den Vorstand des Asta der Fernuni Hagen, Lonio Kuzyk, ist die Abschaffung der Magisterstudiengänge nur dann hinnehmbar, wenn „akzeptables Neues an alte Stelle tritt, die Fächervielfalt dadurch insgesamt erhalten bleibt“.

Ebenso wenig geklärt sei das Problem für Studierende, die in der Restlaufzeit ihrer Studiengänge den Abschluss nicht schafften. „Für die in der Mehrzahl berufstätigen und ortsgebundenen Teilzeitstudenten gibt es zur Fernuni Hagen keine Alternative“, meint Kuzyk.

Hilfe können die Studierenden auch von den Bundesländern nicht erwarten. Im zuständigen Wissenschaftsministerium von Baden-Württemberg etwa hat man schon abgewunken. Die Fernuni Hagen sei reine NRW-Angelegenheit, heißt es dort. Dabei müsse es doch im Interesse der Regierung liegen, sich für die 5.900 studierende Landeskinder einzusetzen, sagt Werner Leuthner, der Leiter des Hagener Studienzentrums in Villingen-Schwenningen. So günstig wie über die Fernuni sei Bildung für das Land nirgendwo anders zu bekommen.

Mit lediglich 600.000 Mark bezuschusst Baden-Württemberg die drei Hagener Studienzentren (Karlsruhe, Schwäbisch Gmünd und Villingen-Schwenningen); das macht 100 Mark pro Studienplatz. „Während für den Bachelor die bisherigen Studiengebühren gelten werden, rückt der Master zu den Fortbildungsmaßnahmen auf, die richtig teuer sind“, glaubt Leuthner. Seine grundsätzliche Kritik: Die ausschließlich ökonomisch motivierte Reform werde das Angebot der Erziehungs-, Sozial- und Geisteswissenschaften an der Fernuni Hagen drastisch einschränken und viele Berufstätige um Studienmöglichkeiten bringen. REINER FRITZ