„Hören Sie doch auf mit dem Quatsch!“

Die Koalition übt sich in Selbstzerfleischung. Die SPD droht sogar mit Fortsetzung und Bruch des Bündnisses gleichzeitig

Die SPD übt sich neuerdings wieder in Dialektik. In einer Resolution drohte der SPD-Landesvorstand zwar indirekt mit dem Ende des Regierungsbündnisses: „Die Koalition kann nicht weitergeführt werden, wenn die CDU sich nicht der Verantwortung stellt.“ Gleichzeitig wird in dem am Dienstagabend verabschiedeten Papier aber festgestellt, es gehe „aktuell nicht um die Koalitionsfrage“.

Die SPD verlangt in der Resolution unter anderem Aufklärung darüber, ob der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen als Justizsenator über Ermittlungsverfahren gegen Klaus Landowsky informiert war, bevor er diesen als stellvertretenden CDU-Landesvorsitzenden vorschlug. Durch seine Doppelfunktion als CDU-Fraktionschef und Bankvorstand habe Landowsky besonderen Einfluss ausüben können. Landowsky sei nicht nur Vorstandssprecher der Berlin Hyp, sondern auch Konzernbeauftragter der Bankgesellschaft Berlin für das Immobiliengeschäft gewesen und trage damit die Hauptverantwortung für die Krise des mehrheitlich landeseigenen Finanzkonzerns.

Diepgen habe dies nicht nur zugelassen, sondern dies „bewusst betrieben“ und alle Veränderungsversuche „abgeblockt“. Außerdem müssten die Auflösungsverträge bei der Bankgesellschaftstochter Berlin Hyp in Kündigungen umgewandelt werden, heißt es in dem Text. „Es ist unerträglich, dass Landowsky zwar seinen Posten als Vorstand wegen Unzuverlässigkeit räumen muss, aber seine Bezüge von 700.000 DM behält.“

Die Sozialdemokraten verlangen von Diepgen angesichts der durch die Bankenkrise entstandenen zusätzlichen Belastungen des Landeshaushaltes in Höhe von 600 Millionen Mark pro Jahr klare Entscheidungen. „Die SPD erwartet vom Regierenden Bürgermeister und dem Finanzsenator endlich die Bereitschaft, der Realität ins Auge zu sehen und Strukturentscheidungen zur Haushaltsentlastung vorzulegen.“ Es gehe jedoch nicht um einen Bruch des Bündnisses, sondern um soziale Wege aus der Finanzkrise. Gerade die aber sorgen für weiteren Zündstoff zwischen den Koalitionären. Die SPD werde dafür sorgen, dass die Sparmaßnahmen nicht bei den finanziell schlechter gestellten Menschen ansetzen, hieß es. Wegen der Konflikte halten es die Sozialdemokraten für ausgeschlossen, dass der Nachtragshaushalt wie bisher vorgesehen auf einer Sondersitzung am 7. Juni verabschiedet wird.

Die CDU weist die Forderungen des Koalitionspartners zurück. Bei einer Sitzung des CDU-Landesvorstandes am Dienstagabend wurde über einen Rücktritt Landowskys gar nicht erst gesprochen. Der CDU-Abgeordnete Nicolas Zimmer kündigte neue Beweisanträge im Untersuchungsausschuss an, „um die Verantwortlichkeiten der SPD offen zu legen“. Prominente Sozialdemokraten wie Schulsenator Klaus Böger, Parteichef Peter Strieder, die frühere Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing oder der Ex-SPD-Fraktionschef Dietmar Staffelt hätten in den vergangenen Jahren ebenfalls Verantwortung für die Bankgesellschaft getragen.

CDU-Generalsekretär Ingo Schmitt warf der SPD „parteitaktische Blockade und Desinformation“ vor. Teile der SPD würden wider besseres Wissen „den Koalitionspartner oder einzelne Personen kriminalisieren“. Landowsky selbst antwortete auf die Frage nach einer Demission: „Hören Sie doch auf mit dem Quatsch!“ ANDREAS SPANNBAUER

interview SEITE 24